Der hellhörige Müller
AudioArt - ein Hörspiel von Matthias Kaul, hr 2020
⏰ 35 Min.
Den Namen Müller gibt es in Deutschland etwa 400.000mal. Der häufigste Name. Einst gab es demnach zigtausende Spezialisten fürs weiße Rauschen - überhaupt mussten Müller Geräuschspezialisten sein. Beim sich anbahnen-den Sturm mussten sie die Mühlensegel herunter lassen, damit die Holz-flügel ganz blieben. Der Klang des Mühlengewerkes erzählte auch, ob die Zahnräder ohne Unwucht liefen oder ob Steinchen im Korn sich zwischen die Mühlsteine gemischt hatten. Die "singenden Mühlen" in Portugal haben an den Mühlenflügeln resonante Gefäße, die der Wind zum Klingen bringt. So führt die Hellhörigkeit der Müller mithin zu sehr persönlichen komposito-rischen Ereignissen. Interessanterweise heißt eine "lebenswichtige" Übung für Schlagzeuger "Mühle" und wird tatsächlich über Jahrzehnte täglich geübt. Es handelt sich dabei um die Verdichtung von langsamen Doppelschlägen pro Hand bis hin zum Trommelwirbel. Möglicherweise wurde der Name "Mühle" für diese Prozedur gewählt, weil im Verlauf der Übung aus den körnigen Einzelschlägen eine dichte Klangebene wird, die übrigens dem weißen Rauschen ähnelt. In dem Radiostück Der hellhörige Müller verbindet der Komponist und Schlagzeuger Matthias Kaul (* 1949) die angedeuteten Hörereignisse zu einer Art Rondo, zu einem akustischen Kreis, zu einer sich in den Lautsprechern drehenden ästhetischen Mühle.
Ursendung: 13.06.2020
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