Für SRF nahm Sander 1982 zusammen mit Peter Fitz die kongeniale Umsetzung eines frühen Romans von Samuel Beckett auf. Der irische Nobelpreisträger schrieb "Mercier und Camier" 1946 in Paris. Es war sein erster Versuch in französischer Sprache. Veröffentlichen sollte er ihn erst 30 Jahre später. Der dialogisch angelegte Text ist eine Referenz an Gustave Flauberts Romanfragment "Bouvard und Pécuchet" und gilt als Vorstufe zu Becketts späterem Welterfolg "Warten auf Godot". Die Protagonisten sind in beiden Fällen zwei Landstreicher, die sich auf einer scheinbar ebenso ziel- wie zwecklosen Wanderung durch eine öde Gegend befinden. Im Gegensatz zu Wladimir und Estragon, denen ein Treffen mit dem ominösen Godot versagt bleibt, erleben Mercier und Camier mit der Hure Hélène immerhin noch den Anflug eines erotischen Abenteuers. Mit ausdrücklicher Erlaubnis des Autors adaptierten Otto Sander und Peter Fitz den hochmusikalisch durchkomponierten Text für die Bühne, als eine "entzückende Etüde" (Friedrich Luft) für zwei melancholisch begabte Komiker. Über 20 Jahre lang gastierten sie damit an vielen Bühnen. Und es entstand, in Zusammenarbeit mit der Zürcher Autorin und Regisseurin Katja Früh, eine stimmige Radioversion, die nun als grossartige Erinnerung gelten kann: an Otto Sander, an seinen ebenfalls in diesem Jahr verstorbenen Kollegen Peter Fitz und an den genial minimalistischen Theatraliker Samuel Beckett.
Otto Sander, geboren 1941 in Hannover, wurde ab den 1970er Jahren bekannt als Ensemble-Mitglied der Berliner Schaubühne am Halleschen Ufer. Neben Rollen in Inszenierungen von Peter Stein, Luc Bondy und Klaus-Michael Grüber war er Protagonist in Filmen wie "Die Blechtrommel", "Das Boot" und (zusammen mit Bruno Ganz) "Der Himmel über Berlin". Einzigartig war Otto Sander als Hörspiel-Hörbuch- und Synchronsprecher sowie als literarischer Rezitator – nicht umsonst wurde ihm der Beiname "The Voice" verliehen.
Vorstellung im OhrCast
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