""´Oberman´, 1804 erschienen, in Deutschland weitgehend unbekannt, gilt als eines der wichtigsten Werke der französischen Frühromantik und Nachrevolutions-Zeit. Diese ´Rêveries´ Obermans in der Schweizer Hochgebirgswelt zeichnen die Fluchtbewegung des romantischen Gefühls. Dabei aber fällt die Erfahrung der Erhabenheit der Natur oder der Freiheit von gesellschaftlicher Bedrängnis ins Nichts zurück: Lebensverneinung oder - gleichmut anstatt euphorischer Lebensbejahung à la Rousseau. Der monodische Monolith Oberman gleicht dem leisen Summen eines Nachdenkenden. Es formt sich für mich im Spiel mit Gesang, Alphorn, Trompete, Klavier, Elektronik und modernen Stadtklängen zu einem Arrangement um das Alleinsein als aufrechte und unsentimentale Haltung." (Rainer Römer)
Expertenmeinung: Hörspiel des Monats März 2006, Begründung der Jury der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste:
´Da ich von Musik nichts verstehe, habe ich vom bloß künstlichen oder komplizierten keinen Genuß´, Rainer Römer, sonst Perkussionist des renommierten Klangkörpers Ensemble Modern und bereits mehrfach ausgezeichneter Hörspielautor/Komponist, hat sich diese zentrale Aussage des Protagonisten in Etienne Pivert de Sénancourts Roman ´´Oberman´,1804 erschienen und in Deutschland bisher weitgehend unbekannt geblieben, zum Programm seines gleichnamigen Hörspiels gemacht.
Tatsächlich schafft es Römer mit einer gelungen zurückgenommenen Kombination von Sprache und Musik die Textinhalte - Naturbetrachtungen, ästhetisches Denken, gesellschaftliche Bezüge - in klangliche Sphären zu überführen, ohne der Gefahr gänzlich subjektiver Verzückung freie Bahn zu lassen. Die Musik ist in diesem luftigen Konzept aus schwindelnder Höhe der eigentliche Dialogpartner des über das Gebirg´ gehenden, hier den Alpen, Oberman. Und wie in jeder gleichberechtigten Beziehung, muß der Partner nicht jeder Regung seines Gegenübers folgen. So kann die geräusch-durchsetzte Musik einfach nur den Hintergrund klanglich aufrauen oder mit ihrem Gestus gänzlich in Kontrast zum Gesagten stehen. Am Text entlang, sich vom Text emanzipiert: könnte diese komposito-rische Haltung charakterisiert werden. Im gleichen Verhältnis steht das gesamte Hörspiel zur heute medial bestimmten Welt mit ihrem bis zur Neurose ausgewachsenen Kommunikationszwang und Vernetzungswahn, in dem das Medium selbst oft anstelle der Botschaft tritt: Ein fataler Irrtum.
So lehrt uns Römer wieder das Hören, nämlich auf die innere Stimme und das Gewissen.
Rainer Römer: ´Diese ´Rêveries´ Obermans in der Schweizer Hochgebirgswelt zeichnen die Flucht-bewegung des romantischen Gefühls. Dabei aber fällt die Erfahrung der Erhabenheit der Natur oder der Freiheit von gesellschaftlicher Bedrängnis ins Nichts zurück: Lebensverneinung oder -gleichmut anstatt euphorischer Lebensbejahung à la Rousseau. Der monodische Monolith Oberman gleicht dem leisen Summen eines Nachdenkenden. Es formt sich für mich im Spiel mit Gesang, Alphorn, Trompete, Klavier, Elektronik und modernen Stadtklängen zu einem Arrangement um das Alleinsein als aufrechte und unsentimentale Haltung.´"
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