Seit mein Alter abgehauen ist, geben sich bei uns die Tussis vom Sozialamt die Klinke in die Hand. Den Namen von der neuen habe ich schon wieder vergessen. Irgendwas wie Dubois, Dupont oder Dupré, jedenfalls einer dieser Namen, die unheimlich wichtig klingen. Ich finde sie voll blöd, sie lächelt die ganze Zeit, auch wenn es gerade total unpassend ist.´ Dorias Eltern kommen aus Marokko, sie ist 15 und lebt mit ihrer Mutter in einer Sozialsiedlung in der Pariser Banlieue. Der Vater hat sich vor kurzem nach Marokko abgesetzt, die Mutter ist Analphabetin und arbeitslos. Wahrhaft ´paradiesische Aussichten´... Ohne Klischees und Larmoyanz, sondern wohltuend differenziert und manchmal sogar erheiternd, das ist dieser lebendige Monolog einer junger Maghrebinerin, wenn sie vom Leben in Frankreichs Problem-Vororten erzählt. Und sie zeigt auch: Es gibt auch hier noch Möglichkeiten, aus dieser Falle herauszukommen!
Hörspiel des Monats Oktober 2006 - Begründung der Jury der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste:
´Dem Hörspiel gelingt ein gar nicht einfacher Spagat: Es schafft zugleich Nähe und Distanz zu einem Milieu von großer sozio-politischer Relevanz. Es analysiert das Leben in den französischen Banlieues und zeigt die Auswirkungen auf den Einzelnen - auf das persönliche Umfeld der jungen Protagonistin, die illusionslos die fatal anmutenden Gegebenheiten hinnimmt. Der ausweglosen Lage will sie nicht die sich anbietenden Strategien entgegensetzen: Weder flieht sie in die heile Fernsehwelt der Soaps noch in die zumindest die Teilnahme am Konsum verheißende Welt der Kleinkriminalität oder in die offene Aggressivität: Die Protagonistin bleibt in der Rolle der beteiligten (und damit immer auch ein wenig blinden) Beobachterin, die schließlich gar - im Laufe einer Art Selbstfindung, die ihre Parallelen in weiteren Figuren des Hörspiels findet - Zuversicht gewinnt: Die Hoffnung auf das Leben stirbt eben auch in der Banlieue zuletzt, selbst wenn dies die das Hörspiel begleitenden französischen Rap-Songs zum Teil bestreiten. Ein eminent politisches und aktuelles Hörspiel, das über die Lage der französischen Immigranten hinausweist.´
hoerspielTIPPs.net:«Ein sehr lebendiges und glaubhaftes Bild zeichnet die junge Autorin Faïza Guène von den Pariser Vororten, in denen sie aufgewachsen ist. Ungeschminkt erzählt sie fast beiläufig von den auftretenden Problemen, der Armut, des Rassismus, der Kriminalität. Doch das wird hier nicht zum Mittelpunkt, sondern stellt quasi nur die Begleitumstände dar, in denen die Protagonistin Doria ihre Jugend verbringt.
Beatrix Ackers hat dieses Hörspiel für den SR sehr passend in Szene gesetzt. Die Kulisse ist glaubhaft, spielt sich jedoch nie in den Vordergrund.
Auch den Sprechern nimmt man ihre Rollen ab. Einige sind vielleicht etwas überzeichnet, das wirkt aber im Zusammenhang der Geschichte nicht störend.
Insgesamt ein Hörspiel, das den Titel ´Hörspiel des Monats´ nicht zu Unrecht trägt. Die Produktion ist durchaus hörenswert.
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🔥 Hörspiel des Monats Oktober 2006
Ursendung: 26.10.2006
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