Mit einem Mikrofon und einem Laptop nahm der Schauspieler, Bühnenmusiker und Theaterpädagoge Andreas Krämer mit Langzeit-Strafgefangenen der JVA Bremen-Oslebshausen viele Stunden Gespräche, Erzählungen, ja Gedichte, die im Moment der Aufnahmen entstanden sind, auf. Von Woche zu Woche wurden Themen bestimmt, über die dann gesprochen wurde. Und natürlich ging es dabei auch um Freiheit, Gerechtigkeit, Deutschland und seine Politik, um Religion, den Knastalltag, Sex, Kindheitserinnerung, den Tathergang, um das, was war, jetzt ist und nie wieder sein wird, um NIE WIEDER KNAST. Aus den Gesprächsprotokollen entstand in mühevoller Abschrift ein viele Seiten starker Textkörper. Es sind das teilweise rührende, beklemmende Dokumente, entstanden aus einer völlig anders wahrgenommenen oder eben nicht wahrgenommenen, wert oder eben nicht wertgeschätzten Welt von Menschen. Es sind teilweise aber auch fast absurd und abstrus anmutende Sequenzen dabei, die einem die Frage aufdrängen, ob das Eingesperrtsein noch ein sinnvoller Knast, ein Sinn gebender Strafvollzug sein kann? Wie kommt einer nach 15 Jahren aus dem Knast, was erwarten dann die Bevölkerung und den, der seine Strafe zwar abgesessen, mit dem aber vielleicht fast gar niemand auf ein Leben danach hingearbeitet hat? Andreas Krämer hat den Textkörper in seiner zeitlichen und thematischen Reihenfolge nicht verändert, lediglich gekürzt. Und: der ganze Textkörper, also die verschiedenen Stimmen, Argumente, Sichtweisen, Figuren und Rollen stopfte Krämer in ein "Superhirn eines Gefängnisses", gab ihm seine Stimme. Angereichert mit Originalgeräuschen und Klängen aus der JVA, die im Nachhinein aufgenommen wurden, wurde die bereits vorhandene, eigentlich für die Strafgefangenen vorgesehene Hörspielaufnahme noch einmal bearbeitet.
Andreas Krämer, Jahrgang 1963, ist Schauspieler und Bühnenmusiker seit 1986, wo er am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg unter Peter Zadek begann. Weitere Stationen waren u.a. das Nationaltheater Mannheim, Schauspielhaus Zürich, Theater Bremen. Andreas Krämer hat in vielen verschiedenen musikalischen Produktionen an verschiedenen Häusern mitgewirkt, als Sänger und als Komponist, schuf Klanginstallationen, Musik für verschiedene Bühnen und für Rundfunkproduktionen. Er arbeitet zudem als Sprecher für verschiedene Rundfunkanstalten.
Ursendung: 16.11.2010
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