Bei so einem ganz jungen. Was soll ich an dem hassen. Ja. Seine Jugend. Wie die Männer die Jugend der jungen Frauen hassen und sie deshalb heiraten, damit die jungen Frauen ihre Jugend versäumen müssen. Ich habe kein Mitleid. Schon weil das mit dem Versäumen ohnehin unvermeidbar ist. Aber einen von diesen sanften jungen Männern heiraten. Nein. – Ich schreibe den jungen Männern besonders lange Widmungen. Manchmal nehme ich einen mit nach Hause. Lieber ins Hotelzimmer. Und vorher in ein bekanntes Lokal. Ein helles Lokal. Ein Lokal, in dem keine Diskretion herrscht. Ein Lokal, in dem es wichtig ist, wer da ist. Da habe ich den dann da sitzen und überlege die Präservativfarbe, während er sein Glas mit dem Rotwein dreht. Früher bin ich so gesessen. Der Verleger. Ein Professor. Ein Kritiker. Ein Politiker. Ich habe das Glas gedreht und gestreichelt, bis es klar war.
Zwei Frauen haben es geschafft: Sie sind etablierte Preisträgerinnen in der lange Zeit als Männerdomäne geltenden Literaturwelt. Sie sind nicht mehr ganz jung, wenn auch noch attraktiv, sie haben gelebt. Und sie sprechen miteinander über Auszeichnungen, über ihre Mütter, über den Preis des Erfolgs, über das Alter, junge Männer und über den Sex. Lakonisch, dekadent, zärtlich, verletzlich, hasserfüllt, Finten schlagend und zynisch ziehen sie ihre Register. Zwei intelligente Damen im miteinander konkurrierenden Streitgespräch. Was als Dialog beginnt, wird aber immer mehr zu zwei monadenhaft abgekapselten Monologen, die sich zwischen Traum, Selbstinszenierung und Wirklichkeitsprotokoll bewegen. Aber vielleicht sind diese beiden Damen auch nur eine im imaginären Zwiegespräch...
Marlene Streeruwitz, geboren 1950 in Baden bei Wien, veröffentlicht seit 1992 Theaterstücke und seit 1996 Romane. Daneben schreibt sie neben poetologischen Texten immer wieder Hörspiele. Für ihren jüngsten Roman "Die Schmerzmacherin" erhielt sie 2011 den renommierten Bremer Literaturpreis.
Ursendung: 11.10.2012
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