Robert und Ulrike Raab, Kinder aus wohlhabendem Haus, stehen mit Anfang 40 vor den Trümmern ihres beruflichen Lebens. Ulrike vegetiert in einem kleinen verstaubten Architekturbüro als Ich-AG vor sich hin. Robert, einst ein vielversprechender junger Sänger, hat überhaupt früh aufgegeben, seine berufliche Bestimmung zu verfolgen und fährt Taxi. Von ihrem reichen Vater ein Leben lang kurz gehalten, wollen sich die Geschwister endlich das nehmen, was ihnen in ihren Augen zusteht: ein angemessenes Erbe zu Lebzeiten. Sie beschließen, den Juwelierladen des Vaters, in dem die Geschwister vor Jahren in den Sommerferien gejobbt haben, zu überfallen. Zu Beginn des Überfalls scheint alles glatt zu gehen, doch wie zur Strafe bekommt Robert, noch immer der kleine Bruder, einen Asthmaanfall und muss sich die Barack-Obama-Maske herunterreißen, sodass die wahre Identität der Geschwister in kürzester Zeit auffliegt. In Panik versetzt, entführen sie den eigenen Vater, um so den einzigen Zeugen ihrer Tat mundtot zu machen. Sie verschleppen den Familienpatriarchen in das Kellerlager eines mittlerweile aufgelassenen Spielzeugladens und fesseln ihn an einen Stuhl. Doch nun beginnen erst die wirklichen Probleme. Wie soll es weitergehen? In den folgenden 36 Stunden dreht sich alles um die Fragen: Wie konnte es nur so weit kommen? Warum war es dem Vater, noch im Krieg geboren, so einfach möglich gewesen, reich zu werden, während Ulrike und Robert offensichtlich beruflich versagt haben? Lag es an der mangelnden Unterstützung oder müssen sich die Geschwister eingestehen, dass ihr künstlerisches Selbstverwirklichungsideal gescheitert ist? Vielleicht sind Robert und Ulrike am Ende jedoch nur ein Symptom eines ökonomischen Systems, das überhaupt nur noch prekäre Arbeitsverhältnisse hervorbringt? Aus der Perspektive der drei Protagonisten erzählt, entwickelt sich ein multiperspektivischer Reigen um die Frage nach den Ursachen und möglichen Motiven dieser unfassbaren Tat, in dem jeder der Beteiligten die Wahrheit auf seiner Seite zu haben scheint.Johannes Gelich hat mit "Rabenkinder" eine rabenschwarze Komödie über die sich immer weiter vergrößernde Kluft zwischen den Generationen geschrieben, die unter dem Stichwort "Die Alten leben auf Kosten der Jungen" längst Eingang in die Debatten der Tagespolitik gefunden hat.
Johannes Gelich geboren 1969 in Salzburg, lebt als Journalist und freier Schriftsteller in Wien. Der 2008 erschienene Roman "Der afrikanische Freund" wurde in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung als Fortsetzungsvorabdruck veröffentlicht.
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