Lars Norén gilt als der produktivste, erfolgreichste und provokanteste Dramatiker Schwedens seit Strindberg. Seit 40 Jahren konfrontiert er den gesellschaftlichen Mittelstand mit seinen Lügen und Neurosen. Nun hat Norén ein neues Hörspiel geschrieben. Es erzählt, wie zwei Männer an Krebs sterben.
Der eine ist Anfang sechzig, der andere gerade mal Anfang dreissig. Beide treffen sie im Zimmer eines Krankenhauses aufeinander. Sie haben Krebs im Endstadium. Was bleibt, was kann noch gesagt werden, was ist noch zu tun? Die Krankheit lässt ihnen kaum eine Wahl, aber die Männer versuchen es herauszufinden. Im Gespräch, mit sich und dem anderen. Mit ihren Partnerinnen, die zu Besuch kommen. Mit ihren Kindern, die ebenfalls im Raum sind, auch wenn sie eigentlich tot sind, abwesend oder ungeboren. Die Ebenen verschieben sich, die Gewissheiten lösen sich auf wie die ablaufende Zeit. Oder wie es der Onkologe und Medizinhistoriker Siddharrtha Mukherjee in seiner im letzten Jahr erschienenen, epochalen Krebs-Biografie "Der König aller Krankheiten" ausdrückt: "Krebs leugnet die Möglichkeit eines Lebens ausserhalb und nach ihm, er subsumiert alles Leben. Der Alltag eines Patienten wird so ausschliesslich von der Krankheit bestimmt, dass die Welt in den Hintergrund tritt."
Norén erzählt diesen Alltag in einem auf das Wesentlichste reduzierten Kammerspiel. Dazu benutzt er eine Dialogsprache, die er in seinen letzten Stücken perfektioniert hat: nackt und scheinbar trivial – und doch voller Überlagerungen. Damit schafft er einen akustischen Reflexionsraum für eine Auseinandersetzung, die dringend geführt werden muss. Denn Krebs ist eine Realität. Oder wie es Mukherjee auf den Punkt bringt: "Nachdem sich der Anteil derer, die von Krebs betroffen sind, in manchen Nationen unaufhaltsam von jedem Vierten über jeden Dritten zu jedem Zweiten fortbewegt, ist Krebs tatsächlich auf dem Weg, unsere neue Normalität zu werden - das ist unausweichlich. Dann ist die Frage nicht, ob wir dieser unsterblichen Krankheit zu Lebzeiten begegnen, sondern wann."
Lars Norén, der auch regelmässig als Theater-Regisseur tätig ist, hat "Schatten" im letzten Jahr selbst für das Schwedische Radio inszeniert. Die SRF- Produktion durch Reto Ott ist eine doppelte Premiere: zum ersten Mal überhaupt im deutschsprachigen Raum wird ein Text von Lars Norén als Hörspiel vorgestellt.
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