Peter Weiss geht es um eine neue Version Kafkascher Erfahrungen. Josef K., nicht mehr von einem numinosen Gericht verfolgt, sondern von den Zwängen der eigenen Karriere, ist Prokurist in einem Konzern geworden und als Intellektueller zugleich dessen humanitäres Aushängeschild. Das letzte Werk von Peter Weiss, das er selbst wenige Wochen vor seinem Tod für die Uraufführung in Stockholm inszeniert hat, bringt eine Iebenslange Beschäftigung mit der epischen Welt Kafkas zum Abschluß. In seinem Romanessay "Ästhetik des Widerstands" hatte Weiss von dem "gesteigerten Wirklichkeitsbild" Kafkas gesprochen, "in dem der Mangel an Aufruhr, das emsige Kreisen um Nichtigkeiten, das schauerliche Fehlen von Einsichten" uns vor die Frage stellt, "warum wir denn selber immer noch nicht eingegriffen hatten, um die Mißstände ein für allemal zu beseitigen. Was in Kafkas Buch zu lesen war, versetzte mich nicht in Hoffnungslosigkeit, sondern beschämte mich."
Peter Weiss, (8.11.1916–10.5.1982), Schriftsteller, Maler und Filmemacher. Geboren in Nowawes bei Potsdam, gestorben in Stockholm. Wegen seiner jüdischen Abstammung muss er 1934 Deutschland verlassen, geht zunächst nach England, dann in die Tschechoslowakei, nach Warnsdorf. 1937/1938 Studium der Malerei an der Kunstakademie in Prag. 1939 emigriert er nach Schweden. Ab 1947 erste Prosaarbeiten, Gedichte und Dramen in schwedischer Sprache. Mitte der Fünfzigerjahre beginnt er in deutscher Sprache zu schreiben. 1960 erscheint sein erstes Prosabuch "Der Schatten des Körpers des Kutschers", zwischen 1975 und 1981 der dreibändige Roman "Die Ästhetik des Widerstands", deren letzter Band begleitet wird von "Notizbücher 1971–1980". Zahlreiche Auszeichnungen.
Ursendung: 22.01.1983
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