Wie die anderen Hörspiele um den Berner Fahnderwachtmeister Studer beruht auch ´Der Chinese´ (1938) auf deutschsprachigen Pionierleistungen einer realistischen Kriminalliteratur. Während Friedrich Glauser den Roman schrieb, formulierte er sein Gegenprogramm zum herkömmlichen Detektivroman: "Vermenschlichen! Die Bahnhofsautomaten zu Menschen machen. Und vor allem die Denkmaschine, den Schlaumeier mit der Blümchenlösung im Knopfloch nicht mehr idealisieren. Warum entschließt er sich nicht, Kontakt mit seinen Mitmenschen zu suchen, die Atmosphäre zu erleben, in der die Leute leben, die ihn beschäftigen?" Der versierte Kriminalist Studer, der einst wegen unliebsamer Aufdeckungen in einer Bank-Affäre zum Wachtmeister degradiert wurde, hält es merklich mit denen, die in der eidgenössischen Ordnung der Dinge im Schatten stehen. Pfründisberg, das ist für Studer: eine Armenanstalt, eine Gartenbauschule, eine Dorfwirtschaft. Und zwei Morde. Denn die Taschentücher der Anna Hungerlott, die an Darmgrippe gestorben sein soll, weisen Arsenspuren auf. Und ein Chinese liegt mit einem Schuss mitten durchs Herz im Novembernebel. Dem Wachtmeister fällt einiges auf, zum Beispiel, dass die Armenhäusler dünne Kohlsuppe löffeln, während der Armenvater erlesenen Wein trinkt. Aber das hat nichts mit den Morden zu tun. Oder doch?
Friedrich Glauser (1896 ? 1938) gilt als einer der ersten deutschsprachigen Krimiautoren. In Wien wurde er als Sohn einer Österreicherin und eines Schweizers geboren. Als Vierjähriger verlor er seine Mutter, zu seinem Vater hatte er zeitlebens ein gespanntes Verhältnis. Das Sich-Einfügen in gesellschaftliche Normen war nicht Glausers Sache. Bereits in frühen Jahren überwarf er sich mit allen Autoritäten, die ihn "zurechtzupfen" wollten. 1918 liess ihn sein Vater entmündigen. Ab da führte Glauser ein unstetes, ruheloses Leben, u. v. a. als Fremdenlegionär, Hotelportier, Kohlegrubenarbeiter, Gärtner. Er war morphiumsüchtig, weshalb er immer wieder in Heilanstalten interniert wurde. Die "Wachtmeister Studer"-Krimis schrieb er in seinen letzten drei Lebensjahren.
hoerspielTIPPs.net:«Friedrich Glauser erzählt hier einen sehr düsteren, aber auch sehr klassischen Krimi, dessen exotischer Titel nicht ganz zur bodenständigen Kulisse passt. Der "Chinese" ist ein weitgereister Schweizer, dessen asiatisch wirkenden Gesichtszüge ihm den entsprechenden Spitznamen verliehen haben.
Sein Tod stellt sich als Mord heraus, und Wachtmeister Studer nimmt die Ermittlungen auf. Es schließt sich ein schlüssiger Plot an, der dem großen Namen des Autors im Krimimetier durchaus würdig ist.
Der Unterhaltungswert der Umsetzung hält sich allerdings in Grenzen. Sehr spröde haben hier Markus Michel und Martin Bopp das Stück bearbeitet bzw. inszeniert. Die Dialoge plätschern vor sich hin und auch die Sprechern agieren sehr emotionslos, so dass hier Spannung überhaupt nicht aufkommen will - man muss sich hier schon teilweise zwingen, zuzuhören.
Insofern kann ich diese Produktion auch nur bedingt empfehlen: Diejenigen, die Spaß an durchdachten klassischen Krimis haben und sich von einer unspektakulären Inszenierung nicht abschrecken lassen, können hier zumindest mal ein Ohr riskieren.»
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