""In der Mitte des 19. Jahrhunderts beschrieb der Krepphändler Bokushi Suzuki in seinem Buch Schneeland Symphonie des Alltags die Feste und Rituale der Bewohner des japanischen Echigo, einer Gegend, in der es ungewöhnlich viel schneit, der Schnee sich viele Meter hoch auftürmt und bis in den Mai hinein liegen bleibt. Mit diesem Reisebericht im Gepäck begab ich mich im Winter 2010/11 ins Schneeland, um in der Gegenwart die Mythen und Märchen der Vergangenheit aufzuspüren." (Ulrike Ottinger) Rahmenhandlung des Hörspiels ist die poetische Geschichte von Takeo und Mako, zweier Studenten, die ihre Neujahrsferien im Schneeland verbringen wollen. Auf ihrer beschwerlichen Reise durch Echigo lockt sie der Geist einer Füchsin in ein einsames Haus. In einer berauschten Neujahrsnacht schlüpft sie in die Gestalt Makos und verwandelt sich in eine wunderschöne Frau, um Takeo zu gewinnen. Beide finden sich in der Edo-Zeit wieder. Die Shamisen-Spielerin begleitet den Tanz der schönen Füchsin mit einem alten Geisha-Lied auf ihrem aus dem Holz des Khaki-Baumes gefertigten und mit Hundehaut bespannten Instrument. Am nächsten Morgen führen Takeo und Mako ihre Reise fort. Dabei begegnen sie Bauern, die ihre Dächer mit großen Schaufeln vom Schnee befreien und Frauen, die aus feinsten Flachsfäden lange Bahnen von Krepp weben. Sie wohnen Ritualen bei, die in Echigo auch heute noch zur gelebten Tradition gehören. Zur Abwehr der Reis pickenden Vögel werden auf den Feldern Opfertürme aus Schnee errichtet. Bei einer Hochzeit findet das traditionelle Bräutigamwerfen statt und im Tempel werden die Vorbereitungen für das Fest der Wegegötter getroffen. Die guten Wünsche für das neue Jahr werden auf bunte Papierschleifen geschrieben, an eine Reisstrohpyramide gebunden und verbrannt.
Der zweite Teil des Hörspiels beginnt mit der Verbannung der Protagonisten auf die Insel Sado, wo sie zum Frondienst in den Goldminen gezwungen werden. Der über tausendjährigen Verbannungsgeschichte der Insel verdanken wir die traurigsten und zugleich schönsten Liebesgedichte. Ebenso alt ist die Geschichte ihrer legendären Gold- und Silberminen, bei deren Ausbeutung schon portugiesische Jesuiten halfen, und von denen schon drei Jahrhunderte zuvor Marco Polo zu berichten wusste. Aus den gesammelten Originaltönen des Alltags, der Feste, Rituale und der fiktiven Erzählung um das Paar aus der Edo-Zeit, musikalisch begleitet vom Gesang zum Shamisen-Spiel Yumiko Tanakas, entsteht eine atmosphärisch dichte Montage."
Ulrike Ottinger, geb. 1942, Filmemacherin, Fotografin, Malerin, Autorin. Filme, u. v. a. Laokoon und Söhne (1972), Berlinfieber (1973), Die Betörung der blauen Matrosen (1975), Madame X – Eine absolute Herrscherin (1977), Bildnis einer Trinkerin (1979), Freak Orlando (1981), Dorian Gray im Spiegel der Boulevardpresse (1984), China. Die Künste – der Alltag (1985), Superbia – Der Stolz (1986), Usinimage (1987), Johanna d´Arc of Mongolia (1989), Countdown (1990), Taiga (1992), Exil Shanghai (1997), Südostpassage (2002), Ester (2002), Das Exemplar (2002), Zwölf Stühle (2004), Prater (2007), Die koreanische Hochzeitstruhe (2008), Unter Schnee (2011). Hörspiele: Taiga – Erzählungen aus dem nördlichen Land der Mongolen (SWF/BR/SFB 1994), Exil Shanghai (SWF 1997), Abfahrt ohne Ankunft (HR 2008).
Ursendung: 08.04.2012
Als Download / Im Handel verfügbar seit / ab: 21.03.2020
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