Das Zustandsbild einer Generation, deren Handlungsspielraum zeigt, dass sie ewig in den Kinderschuhen stecken bleiben muss. Während die im Vater präsente ältere Generation eine Vorstellung von Erwachsensein praktizierte, die wesentlich in Disziplin und Verdrängung bestand, legen seine beiden Töchter und auch sein Schwiegersohn Nervositäten und Empfindlichkeiten an den Tag, die alles andere als Befreiung verheißen. Ihre inneren Bilder ersticken sie: die "Frau mit den disziplinierten Ellenbogen", die "Frau mit den entblößten Zahnhälsen" und den "Mann mit den nervösen Fingern". Der Ehemann, erst mit der jüngeren verbunden und dann mit der älteren, ist für beide keine Stütze zum Eigensinn geworden. Und die Mutter starb bereits, als die jüngere Tochter erwachsen wurde. An einen Halt durch sie war schon in der Kindheit nicht zu denken, in der andere Mütter offene Arme hatten. Das Trauma, das sie erlebt haben, kennt keine Vergangenheit, es aktiviert sich immer wieder neu in der Gegenwart.
Ursula Krechel, die sich in ihrem letzten Roman "Landgericht " den Traumata von Emigranten zugewandt hat, wendet sich in diesem Hörspiel fragilen Figuren zu, die ihre aufgestörten Kinderängste weitergeben müssen.
Ursula Krechel, geboren 1947 in Trier, studierte 1966–71 in Köln Germanistik, Theaterwissenschaft und Kunstgeschichte, promovierte, war Theater-Dramaturgin und arbeitete mit jugendlichen Untersuchungsgefangenen an Theaterprojekten.Sie lebt seit 1972 als freie Schriftstellerin, heute in Berlin. Mehrere Literatur-Dozenturen und wichtige Preise, zuletzt "Deutscher Buchpreis" (2012) für ihren Roman "Landgericht". Sie schreibt Lyrik, Prosa, Theaterstücke, Essays und Features. Zahlreiche Hörspiele, zuletzt "LiebesStück" (2003), "Meine Stimme ist mit den Fischen geschwommen " (2004) und "Festbeleuchtung der Nacht" (2007).
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