Die Auktionshalle 1 des Fischmarkts Hamburg-Altona um 1937. Hier landeten die Fischdampfer mit ihrer fangfrischen Ware. Frau Wackersnuut, die waschechte Hamburgerin, trifft beim "Einholen" Marie, das neue Dienstmädchen aus der Nachbarschaft. Die "is nich von hier", und da lässt sie es sich nicht nehmen, der Zugereisten, die so "glatt snacken kann", also Hochdeutsch spricht, einmal gründlich ihr ganzes Hamburg zu zeigen, so wie sie es kennt: vom Fischmarkt bis zum Dovenfleet.
Dieses Hamburger Hörspiel aus dem Jahr 1938 ist älter als der NDR. "Reichssender Hamburg" hieß die Anstalt, und das Stück wurde damals wohl mit dem verbreiteten "Volksempfänger" empfangen, der "Goebbelsschnauze". Höchstwahrscheinlich wurde es auch "live" gespielt und bei der Sendung auf Schallplatte mitgeschnitten - daher hört man auch noch das typische Plattenrauschen!
Im November 1938 wurde es gesendet, ungefähr eine Woche nach der Pogromnacht. Antisemitismus und Totalitarismus werden in diesem beschaulichen Stück Hamburg-Romantik natürlich nicht thematisiert, hier verstehen sich alle Menschen gut, quer über alle Schranken und Grenzen. Der Nationalsozialismus macht sich nur mal durch ein höfliches "Heil Hitler" und die Erwähnung der "Kraft durch Freude"-Reisen bemerkbar. Volkstümliche Unterhaltung hat immer schon gern ein Auge zugedrückt - und dabei in Kauf genommen, auf dem Auge dann blind zu sein.
Heinrich Deiters (1882 - 1971) wurde in Altona geboren, als es noch nicht zu Hamburg gehörte. Er war eigentlich Drogist in Hamburg und entschloss sich erst später, vom Schreiben zu leben. Ab 1927 arbeitete er als Journalist und Autor und schrieb auch Theaterstücke für die Theater, aus denen später das St.Pauli-Theater und das Ohnsorg-Theater hervorgingen. Deiters scheint in seinem Hamburger Bilderbogen Motive von Gorch Fock verwendet zu haben. Mit von der Partie war außerdem der Hamburger Unterhaltungskünstler und Akkordeonspieler Theo Hermanus.
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