In der DDR wusste jeder, wer Claasen war, auch wenn er das eine Buch, das von ihm hatte erscheinen können, nicht kannte. Der Mann war ein aufrührerischer Geist und hatte dafür im Gefängnis gesessen. Nach seiner Abschiebung in den Westen kommen Interviews, Preise und Stipendien. Seit dem Mauerfall aber und erst recht seit den NATO-Luftangriffen im Kosovo-Krieg erregt sein sonst so bewunderter Nonkonformismus Befremden. Würde sich der notorische Außenseiter in dem Film, in dem er Reinhard Muchas Düsseldorfer Re-Installation Das Deutschlandgerät vorstellen wollte, erklären können? Doch bevor es zu den Aufnahmen kommt, stirbt Claasen. Damit der Film nicht aufgeben werden muss, soll Claasens jüngerer Schriftstellerkollege Edgar Schmidt dessen Part übernehmen. Doch der zuckt zurück. Zu viel Unausgesprochenes verbindet ihn mit dem jahrzehntelangen widerspenstigen Vorbild. Oder hat er einfach Angst vor dessen politischer wie künstlerischer Haltung? Nur – der Tote selbst gibt keine Ruhe und ergreift zunehmend von ihm Besitz.
Ingo Schulze, geboren 1962 in Dresden. Nach dem Abitur absolvierte er den Grundwehrdienst in der NVA, danach Studium der Klassischen Philologie in Jena. Anschließend arbeite Schulze als Dramaturg und Journalist. Seit Mitte der 90er Jahre lebt er als freier Schriftsteller in Berlin.
Vorstellung im OhrCast
Ursendung: 07.09.2014
Als Download / Im Handel verfügbar seit / ab: 01.10.2021
📥
Link zum Download
...