Ein Mythos ist Medea: die verschmähte Ehefrau, die sich an Jason rächt, indem sie die gemeinsamen Kinder mordet. Ein anderer ist Penthesilea. Durch die griechische Mythologie nicht belegt ist aber die Version von Heinrich von Kleist. Er zeigt die mythische Amazonenkönigin, wie sie, Küsse mit Bissen, Kriegs- mit Liebeskampf verwechselnd, ihre Hundemeute auf den geliebten Achill hetzt. Und damit nicht genug: auch Penthesilea selbst schlägt hier ihre Zähne in den Körper des sterbenden Geliebten und verleibt ihn sich ein. Diese Szene ist ohne die Erfahrung der Moderne als einer von Gott und traditionellen Sinnzusammenhängen verlassener Welt nicht denkbar. Das Drama der Kleistschen Penthesilea bildet somit auch den Vorrat und Fundus für einen ständig neu geführten Krieg zwischen Geschlecht und Gesellschaft. So wurde es zum thematischen Zentrum eines Projektes, das der Hörspielmacher und Komponist Klaus Buhlert mit dem SWR-Hörspiel und dem Studiengang Regie des Mozarteums Salzburg initiierte. Mit den Mitteln des Radios erzählen vier junge Regisseure und Autoren die Geschichte neu, verstehen den Kleistschen Text und seine Frauenfigur als Sediment ihrer Visionen von exzessiver Frauenliebe. Das Ergebnis ist ein "postmodernes" und lautes Stück, das über die Rahmenhandlung einer Talk-Show, die über Frauenbilder heute und damals diskutiert, unterschiedliche Versionen dieser Geschichte entwirft, mal in den Kopf einer Penthesilea von heute kriechend, mal die Perspektive von sachlichen Beobachtern wählend, mal die Handlung mit Kleists Worten in der Ästhetik moderner Hörspieltechniken schildernd.
Ursendung: 13.11.2014
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