Mitten in einem Gedanken über Radikalität und ihre Voraussetzungen" fühlt sich Düffels ICH, verständlicherweise, empfindlich gestört, "als plötzlich die Frau mit dem Fön, das heißt eigentlich mit zwei Fönen, der Badewanne entsteigt, tropfnass, gedunsen, emaillebleich und auch ansonsten nicht besonders lebendig aussehend, einen Fön in jeder Hand, noch einen Tick zu viel elektrische Spannung in den Gliedern, die im Krampf verkrallten Finger nach innen gedreht und eine bislang für menschenunmöglich gehaltene Spannweite zwischen den gespreizten Zehen". Was will sie von ihm? Zumindest eine Geschichte. Ihre Geschichte. Aber kann man sich dieses so bedrohlich lockende Frauenzimmer mit einer Geschichte, von einem ER und einer SIE handelnd, wirklich vom Leibe halten? Und wenn nicht mit einer, dann mit drei Geschichten? Einem dreifachen Pas de deux auf sehr dünnem Eis, den doppelten Rittberger ebenso eingeschlossen wie den tödlichen Ausgang? Bravourös fabuliert und formuliert und analysiert und protokolliert sich das ICH durch die Wohn- und Lebensräume der Beziehungskiste mit Namen Welt, während im Badezimmer das Wasser munter in die Wanne plätschert und der summende Fön unbeeindruckt vor sich hin pendelt wie die Unruhe der Schicksalsuhr.
John von Düffel, geboren 1966 in Göttingen, arbeitet seit 1991 als Dramaturg an verschiedenen Theatern. Er schreibt Theaterstücke, Bearbeitungen, Prosa, Essays und Hörspiele.
...