Menschen in Momenten des Glücks oder des schicksalhaft unglücklich verlaufenden Missverständnisses, Menschen an den Kreuzungslinien von Zufall oder eingebettet in Traditionen und Erinnerungen – diese Menschen, ob im russischen Sankt Petersburg, im thüringischen Altenburg, in Berlin oder Rom suchen ihre Orientierung in der Konfrontation mit den so einfachen wie gewichtigen Dingen des Lebens: Liebe und Freundschaft. Die Menschen tragen die Erfahrung der deutschen Wiedervereinigung in sich, das Geschehen spielt von den 1990er Jahren bis ins Heute. Ingo Schulze hat für sein Projekt mit dem Ensemble Modern gleich einer Tonleiter sechs alte Geschichten (aus seinen Prosabänden "33 Augenbliche des Glücks", "Handy", "Neue Leben" und "Orangen und Engel") wie eine eigens geschriebene in einer Hörspielfassung miteinander verknüpft. Ein neues eigenständiges Stück ist entstanden. Zusammen mit der Musik, die von Anton Weber bis zu John Cage oder Howard Skempton reicht, gespielt vom Ensemble Modern und kompositorisch ergänzt von ihrem Mitglied Hermann Kretzschmar, ersteht eine Korrespondenz von prosaischer wie musikalischer Erzählung. Sie lässt die Geschehnisse nach 1990 plötzlich wie eine Fortsetzung von Erfahrungen aufleuchten, die seit den avantgardistischen Strömungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts ihren künstlerischen Ausdruck suchen.
Ingo Schulze, geboren 1962 in Dresden, lebt in Berlin. Mit seinen Prosaarbeiten und seinen zeitkritischen Essays gilt er als eine der wichtigsten Stimme der deutschen Literatur nach 1990. Auszeichnungen: Alfred Döblin-Förderpreis und Aspekte Literaturpreis (1995), Preis der Leipziger Buchmesse (2007), Bertolt Brecht Preis (2013).
Ursendung: 15.07.2015
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