""Als mein Bruder anrief und mir sagte, die Ärzte hätten festgestellt, daß bei unsrer Mutter bereits die ganze Bauchhöhle verkrebst sei, ging ich vors Haus und holte die Mülltonne von der Straße herein." - Mit dieser ungeheuren Nachricht, kontrastiert mit einer banal-alltäglichen Verrichtung, beginnt Ludwig Fels‘ Abschied von der Mutter. Es ist ein radikales und minutiöses Abschiednehmen, das gleichsam zu einer schonungslosen Selbstbefragung gerät.
Voller Mitgefühl und Zärtlichkeit, Verzweiflung und Wut beschreibt Fels die Biographie einer Frau, die als Bauernmagd ein hartes, entbehrungsreiches Leben hatte und ihre Kinder alleine durchbringen musste. "Meine Mutter hat nie ein Leben gehabt. Wie kann so jemand tot sein?"
In der wort- und bildmächtigen Prosa, so beeindruckend wie schamlos, wirddas langsame Sterben dieser Frau zu einem Monument nachgetragener Liebe. Zur traurigen Gewissheit wird, dass der Weg zurück in die Kindheit nun für immer verschlossen bleibt.
"Wenn du tot bist, bin ich nirgends mehr daheim.""
Ludwig Fels, 1946 geboren in Treuchtlingen in der Fränkischen Alb, lebt heute in Wien. Er schreibt Romane, Erzählungen, Gedichte, Hörspiele, Theaterstücke und Drehbücher - erhielt zahlreiche Auszeichnungen. Zu seinen bekanntesten Werken gehören die Romane "Ein Unding der Liebe" (1981) und "Rosen für Afrika" (1987). Sein neuester Roman "Die Hottentottenwerft" erscheint im September im Verlag "Jung und Jung".
Ursendung: 23.09.2015
...