Später wollen es immer alle besser gewußt haben. Und so eröffnet Tankred Dorst auch sein neues Stück mit den zwar authentischen, aber auch recht grotesken, albernen, teilweise höchst widersprüchlichen Aussagen derer, die den Dichter Heinrich Heine noch vor seinem Tode besuchsweise kennengelernt hatten. Danach allerdings entsteht aus einer Szenenfolge voll heiterer Melancholie, bissiger Komik, zynischer Bösartigkeit und zarter Poesie die Annäherung an einen Dichter, dessen vielerlei Masken brüchig geworden sind, dessen Verzweiflung durch diese Brüche schimmert, und der dennoch und trotzdem versucht, seine Würde und Fassung bis zum bitteren Ende zu bewahren. "Wer von seinem Herzen rühmt, es sei ganz geblieben, der gesteht nur, daß er ein prosaisches weitabgelegenes Winkelherz hat, durch das meinige aber ging der große Weltriß." (Heinrich Heine)
Tankred Dorst, geb. 1925 in Oberlind (Thüringen), gest. 2017. Dramaturg, Schriftsteller, Regisseur, Drehbuchautor. Auszeichnung, u. v. a. Georg-Büchner-Preis (1990).
Ursendung: 19.07.1998
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