Es gibt Menschen, die springen, mithilfe eines Glasfiberstabs, höher als sechs Meter. Es gibt Menschen, die laufen, manchmal mithilfe aufmunternder Pillen, 100 Meter unter 10 Sekunden. Zeit also, daß es Orchester gibt, die 50 Jahre lange (oder noch längere) Konzerte absolvieren. Zeit auch, daß wir uns mit den Problemen vertrautmachen, die solche Marathonkonzerte mit sich bringen. Endlosgeigers. Wie schafft man, notfalls mitten im Takt einen Ersatzmann auf seinen Stuhl, wenn der Herztod ihn ereilt. Dann das Publikum: Seuchen können ausbrechen, Panik, plötzliche Schlafsucht, kollektive Geschwätzigkeit. Ganz zu schweigen von den übrigen sozialen Bedürftnissen der Konzertbesucher: Hunger, Sexualtrieb, Neugier, Neid - um nur die wichtigsten zu nennen. Und wie, bitteschön, soll man vermeiden, daß diejenigen Nationalitäten das Orchester überfremden, die immer vornedran sind, wenn es um Höchstleistungen geht: die Deutschen und die Japaner.
Michael Schulte, geboren 1941 in München, hat für dieses Hörspiel schon früh USA-Erfahrungen gesammelt. In den 50er Jahren als Austauschschüler und dann, von 1982 bis 1988, als freier Autor, Übersetzer, Ehemann und Inhaber einer Caféhausgalerie in Bisbee/Arizona. Zur Zeit lebt Michael Schulte in Hamburg.
Ursendung: 18.12.1991
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