Der Vater ist tot. Er sitzt atemlos auf dem Sofa. Der Fernseher läuft. Die Zigarettenschachteln stapeln sich auf dem Wohnzimmertisch. Wie fühlt sich das an, wenn der Sohn neben dem toten Vater sitzt? Das Warten auf die Leichenträger. Den toten Vater im Arm. Die Tage bis zur Beerdigung. Die Tage, an denen der Vater zur Erinnerung wird. Das Reden über Hitler und Ludendorff. Die Feldherrnhalle. John Wayne und Buddy Holly. Anna sagt: "Mit deinem Vater wird auch ein bisschen Zweiter Weltkrieg zu Grabe geführt." Und der andere Vater? Auch der ist tot! Seit 30 Jahren. Aus der DDR verwiesen. Nach Chile heimgekehrt. Die sozialistische Revolution an Pinochet verloren. Von der Ehefrau verraten. Und der Sohn wartet, hat immer gewartet auf den toten Vater, der in Chile lebt.
Mario Salazar, geboren 1980 in Berlin, studierte Politikwissenschaft, Nordamerikastudien und Lateinamerikanistik in Berlin und Santiago de Chile, später Literarisches Schreiben am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. Er lebt in Berlin und schreibt Theaterstücke.
Ursendung: 10.05.2016
...