""Kahlschlag", "Stunde 0" - so lauteten die Schlagworte der bundesrepublikanischen Literatur ab 1945, die auf die Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs mit poetischer Einfachheit reagierte. Ihre Wege führten zumeist in die ästhetische Provinz. Wie aber mit den Mitteln der Moderne die neuen deutschen Wirklichkeiten präzise und zugleich poetisch zu beschreiben sind, zeigt Wolfgang Koeppens Romantrilogie "Tauben im Gras" (1951) "Das Treibhaus" (1953)" und "Tod in Rom" (1954). Zum 60. Jahrestag der Gründung der BRD rückt das Gemeinschaftsprojekt von hr, SWR und WDR die Romane ins Zentrum der Diskussion. "Tauben im Gras" spielt am 20. Februar 1951 in einer Großstadt der amerikanischen Besatzungszone. Es könnte München sein. Das Wirtschaftswunder zeigt seine ersten Früchte, die Faschisten und ihre Mitläufer spielen Demokratie, die Amerikaner glauben an eine humane Zukunft Deutschlands, der Kalte Krieg bedroht die Gegenwart. Über eine mosaikartige Szenenfolge gleiten die Protagonisten wie eine Taubenschar scheinbar zufällig durch den Tag. Sie begegnen sich alle am Abend - und sie erleben ein Aufflammen der alten Bereitschaft zu Rassismus und Gewalt."
Wolfgang Koeppen, geboren am 23. Juni 1906 in Greifswald, starb am 15. März 1996 in München. 1962 erhielt er den Büchner-Preis.
hoerspielTIPPs.net:«In seinem ersten Teil der Trilogie über die Nachkriegszeit in Deutschland beschreibt Wolfgang Koeppen einen (All-)Tag in einer großen Stadt in Deutschland. Von Aufbruchstimmung ist nur wenig zu spüren, viel mehr ist es der übliche gesellschaftliche Kampf in einem neuen System. Durchwoben mit altem Gedankengut, hat sich offenbar nur der formale Rahmen geändert. Koeppen zeichnet so ein sehr düsteres Bild dieser Jahre, das sonst oft in der Rückbetrachtung eher mit positiven Attributen versehen ist.
Seine Figuren treiben wie Tauben durch die Geschichte, zunächst ohne konkrete Verbindung, finden sich im Laufe der Spielzeit die losen Fäden zusammen. Stilistisch ist dies damit das interessanteste Hörspiel dieser Trilogie.
Leonhard Koppelmann gönnt den Handlungssträngen nicht nur den Sprecher zur Figur, sondern auch eigene Erzähler, was den Stil der Vorlage sehr gut in das Hörspiel transportiert. Die Figuren wurden passend besetzt und überzeugen mit ihren Leistungen.
Untermalt wird das ganze mit einer passenden Musikkulisse, die die inhaltliche Düsternis unterstreicht. So entsteht insgesamt ein homogenes Werk. Leonhard Koppelmann ist mit dieser Inszenierung gelungen, die Atmosphäre des Romans gut einzufangen.
"Tauben im Gras" erzeugt wie auch "Das Treibhaus" und "Der Tod in Rom" ein ungewohntes Bild der deutschen Nachkriegsgeschichte. Wolfgang Koeppen gibt einen düsteren Blick auf jene Zeit frei, und bildet so einen interessanten Gegenpol zur allgemein verklärten Sicht dieser Epoche.»
🔥 Hörspiel des Monats Mai 2009
1. Platz hr2-Hörbuchbestenliste Mai 2009
Radio:Tipp der Hörspiel-Freunde
Ursendung: 15.03.2009
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