Das Großprojekt "Neid" ist der Höhepunkt in der langjährigen und intensiven Zusammenarbeit der Bayern 2-Redaktion Hörspiel und Medienkunst mit der in Wien und München lebenden Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek. Für das vom Bayerischen Rundfunk produzierte Hörspiel "Jackie" wurde Jelinek 2004 mit dem "Hörspielpreis der Kriegsblinden" ausgezeichnet.
Fortsetzungsroman, Bekenntnisliteratur, Künstlerinnenroman, Autobiografie, Internet-Tagebuch - Elfriede Jelineks Literatur sträubt sich seit jeher gegen eindeutige Zuschreibungen, das ist mit ihrem Roman "Neid" nicht anders. Zwischen dem 3. März 2007 und dem 24. April 2008 hat die Autorin rund 936 Seiten Text unter der Gattungsbezeichnung "Privatroman" online gestellt. Privat ist der Text zunächst deshalb, weil er unabhängig von einem Verlag direkt dem Leser übereignet wird. Dieser soll das Werk gar nicht erst ausdrucken, sondern laut Gebrauchsanweisung am Bildschirm eines Computers, eines E-Books oder am Display eines Handys lesen, kurz: damit machen, was er will.
Ein Privatroman ist "Neid" aber auch, weil die Autorin sehr umfangreich Aspekte der eigenen Biografie in den Text mit einbezogen hat. Elfriede Jelinek ist mehr denn je anwesend in ihrem Text, auch deshalb, weil er sich aufgrund seines Erscheinens im Internet als vorhanden und abwesend zugleich erweist, jederzeit im weltweiten Netz verschwinden oder daraus entfernt werden kann. "Gespensterhaft" nennt Jelinek diese Erscheinungsform, die die Autorin, Erzählerin, den Roman und die darin enthaltenen figuralen Restbestände und Themen eint. "Untot" sind die Ich-Erzählerin, ihre Hauptfigur Brigitte K. oder auch die Opfer in der nationalsozialistischen Vergangenheit des Ortes Erzberg, dem fiktiven Schauplatz des Romans. Hier wird nach dem Niedergang des Erzbergbaus und dem Abbau von Arbeitsplätzen um Einwohner und Touristen gekämpft. Vorlage ist Eisenerz in der Steiermark, dessen Bemühungen um Fremdenverkehr im Text in den grotesken Gegensatz zur österreichischen Einwanderungspolitik oder dem sogenannten Eisenerzer Todesmarsch gerückt werden, bei dem 1945 mehrere tausend Juden umkamen.
In der Hörspielfassung leiht Sophie Rois diesem performativen Erzählen ihre Stimme und überfürt die Sprache des Romans vom flüchtigen Internet-Text-Körper in den stimmlichen Klangraum.
Als Download / Im Handel verfügbar seit / ab: 14.10.2016
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