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Die größere Hoffnung

Hörspielbearbeitung - ein Hörspiel von Ilse Aichinger, EIG - ORF 2016


Ilse Aichingers autobiografisch geprägter Roman zählt zu den wichtigsten Werken der deutschsprachigen Nachkriegsliteratur. Die Schauspielerin Anne Bennent hat für Ö1 eine Hörspielfassung erarbeitet, die eine sehr persönliche Sichtweise des Romans vermittelt.

"´Mama, ich habe keine Angst mehr vor der Angst´. Diese Aussage unseres vier Jahre alten Sohns Felix, der sich damals fürchtete, alleine in seinem Zimmer im Erdgeschoß zu schlafen, hat sich mir ins Herz geprägt. Erinnert werden an etwas, das man weiß. Vielleicht ist das der Grund, weshalb mich Ilse Aichingers Roman ‚Die größere Hoffnung´ so anspricht und der Wunsch entstand, ihn lautbar werden zu lassen. Aichingers Sprachrohr sind Kinder und Dunkelheit. In den Kindern und in der Dunkelheit haben sich Bilder, Geschichte, Urteile und Träume noch nicht verfestigen lassen. Aichingers Sprache sucht das Abenteuer, und fordert dazu auf. Das nehme ich liebend an. Keine Angst vor der Angst ...".

Am 1.November 1921 wurden in Wien die Zwillinge Ilse und Helga Aichinger geboren. Im Alter von 17 Jahren, kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurden die Schwestern für immer voneinander getrennt: Helga konnte mit einem Kindertransport nach England entkommen, ihre Schwester Ilse blieb zum Schutz der jüdischen Mutter in Wien zurück. Sie alle hofften, Verfolgung und Krieg zu überleben und einander eines Tages wiederzusehen. "Es war an einem frühen Vorfrühlingstag an einer Mauer der inneren Stadt", so erinnert sich Ilse Aichinger viele Jahre später, als sie "auf einem der unverkennbaren Anschläge, die die zum Tode Verurteilten anprangerten, zum ersten Mal die Namen der weißen Rose las. Ich kannte keinen dieser Namen, aber ich weiß, dass von ihnen eine unüberbietbare Hoffnung auf mich übersprang. Das geschah nicht nur mir. Diese Hoffnung hatte, obwohl sie es uns möglich machte, in dieser Zeit weiter zu leben, doch nichts mit der Hoffnung zu überleben zu tun."

"Die Hoffnung ist alles", notierte Aichinger damals in ihr Tagebuch: "diese größere Hoffnung, die die Dinge aus dem Schwankenden hinaufreißt in die brennende Existenz des guten Willens". Nicht die Vernichtung selbst also, sondern das, was ihr entgegengesetzt werden kann: der Widerstand der weißen Rose wurde zum Urbild jenes Romans, den Aichinger dann unmittelbar nach Kriegsende niederschrieb. Es ist die Geschichte der damals auf sie übergesprungenen, "größeren Hoffnung". Das Honorar, das Aichinger für den Roman erhielt, erlaubte ihr und der Mutter die erste Reise nach England, das Wiedersehen mit der Schwester und Tochter. Ilse Aichingers Roman erschien 1948.

Aichingers Sprache, die nicht nur die Grenzen der Romanform aufzulösen versucht, entzündete in Anne Bennent den Wunsch, sie lautbar werden zu lassen. "Dieser Wunsch wurde im Laufe der letzten Jahre und in Anbetracht der gefährlicher werdenden Enge in den Köpfen, immer unbedingter. Ilse Aichingers Sprachrohr sind Kinder und Dunkelheit. In den Kindern und in der Dunkelheit haben sich Bilder, Geschichte, Urteile und Träume noch nicht verfestigen lassen". Deshalb sprechen außer Anne Bennent auch Kinder - aufgenommen in Wien - am Donaukanal, am Praterstern, in der Herrengasse, im Café Central, auf der Friedensbrücke , in den U-Bahn-Stationen Schwedenplatz und Schottentor - und auf Elba: in der Kirche Santa Catarina und am Meer. Mit dem Text hinauszugehen in den öffentlichen Raum entspricht seiner Abenteuerlichkeit.


Ursendung: 01.11.2016


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