Sie ist schon zurechtgemacht, die Haare sind gewaschen und geflochten, wenn Hitler noch in seinem Führerbett liegt, denn um drei Uhr in der Früh schließt sie das Kirchenportal auf: die Els, die "Kärchebutzfraa" von Sankt Marien in der Pfalz. Es herrscht Krieg und sie schwingt den Putzlappen über die rote Pfälzer Sandsteintreppe und lauscht dem leisen Zirpen und Singen, wenn das Wasser vom Stein aufgesogen wird. Mit Akribie und Hingabe befreit sie die Statue der heiligen Maria vom Staub, bis sie blinkt wie die Harfe des Königs David. Tagtäglich besucht sie die Frühmesse und die Singstunde. Nicht, dass sie besonders fromm wäre: Nein, den ganzen Tag schimpft sie lauthals vor sich hin über Weihwasserkatholiken, Drückeberger und Geizkrägen, bis zuweilen der Putzlappen durch die Kirche fliegt. Doch eines Tages ruft ihre Rumtoberei die Erscheinung des Bösen auf denPlan – genau das hat sie schon immer befürchtet – und fortan muss sie ständig mit ihm kämpfen. So zieht sie den Spott der Gemeindemitglieder auf sich. Bis eines Tages eine reale schwarze Gestalt die Kirche betritt. Die Erzählerin folgt der Els in ihre Gedanken- und Phantasiewelt, die Improvisationen des Musikers Hans Hassler auf dem Akkordeon sowie eine dichte atmosphärische Gestaltung versetzen den Hörer mitten hinein in das Geschehen im Kirchenschiff.
Michael Bauer, geboren 1947 in Kaiserslautern, lebt als Journalist und Mundartdichter in Herxheim. Er studierte in Mainz Literaturwissenschaften und war als Liedermacher unterwegs. Später arbeitete er im Hörfunk des SWF und beim SDR-Fernsehen (heute beides SWR). Er schrieb zahlreiche Glossen und Hörspiele. Seine Texte wurden, u. v. a. von Rosemarie Fendel, Ulrich Noethen, Hanns Dieter Hüsch, Maren Kroymann und Udo Lindenberg realisiert.
Ursendung: 03.12.2016
Als Download / Im Handel verfügbar seit / ab: 01.09.2024
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