Tiere nehmen gerade Anlauf, um in Medien und philosophischen Diskursen kräftig mitzumischen. Animalisches Schweigen und tiefes tierisches Kommunizieren: Das welt- und kulturfreie Tier erobert sich Räume. "Kaum sitze ich auf der Bettkante, will in meine Pyjamahose steigen, schieben die ersten sich durch die Tür. Auf einmal sind sie da. Sind plötzlich da. Kommen gemächlich, unendlich langsam durch die Flügeltür, die zu unserem Wohnzimmer führt." Schneeweiße Hühnchen und stille große Kühe drängen sich sanft ins Schlafzimmer eines Ehepaars und stellen sich um das Bett herum auf. Im Morgengrauen verschwinden sie wieder, nur um sich in der nächsten Nacht erneut dort aufzustellen. "Ich schaue hinaus auf die Straße und ich sehe eine lange, endlos scheinende Reihe hintereinander stehender Kühe. Bis hin zur Kreuzung stehn sie, warten, eine hinter der andern. Warten. Geduldig still alle, da unten auf dem Bürgersteig. Alle diese Kühe. Und alle wollen sie zu uns." Das Ehepaar gerät durch die friedlichen, bewusstseinslosen Eroberer in ein nicht endenwollendes animalisch stilles Nachtdesaster.
Astrid Litfaß, geboren 1944 in Berlin, studierte Malerei und lebte viele Jahre als freie Autorin in München. Sie schreibt Theaterstücke, Drehbücher und Hörspiele. Seit 2004 lebt und arbeitet Astrid Litfaß in Berlin.
Ursendung: 20.06.2017
Als Download / Im Handel verfügbar seit / ab: 20.06.2017
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