David Safier stieß durch Zufall bei seinen Recherchen auf einen Tagebucheintrag, in dem eine Komödie erwähnt wurde, die am 26. Januar 1942 uraufgeführt wurde im Femina-Theater im Warschauer Ghetto. Ihr Titel: "Die Liebe sucht ein Zimmer". Ihr Inhalt: Zwei Paare, die sich, wegen der Wohnungsnot, ein Zimmer teilen müssen und sich über Kreuz ineinander verlieben. Eine klassische Liebeskonstellation also - ein Stück, über das die Menschen in ihrem Elend lachten, ein halbes Jahr bevor der Großteil der Ghettobevölkerung in den Konzentrationslagern vergast wurde.Obwohl der schreckliche Ghettoalltag im Hintergrund mitschwingt, ohne alles zu überlagern, ist es vor allem ein Stück voller Lebensfreude! Eins, in dem junge Menschen angesichts des sie umgebenden Elends und Todes versuchen, die Liebe zu finden. Eins, in dem geliebt, gelacht und gesungen wird – gesungen wie in einem Musical.Bis heute wurde das Stück nicht wieder aufgeführt. In der Hörspielbearbeitung von David Safier erlebt der Text eine neue Öffentlichkeit und wird auch den heutigen Zuhörer zum Lachen (und Weinen) bringen.
David Safier, geboren 1966, lebt in Bremen. Er wurde bekannt durch seine Drehbücher zu TV-Hits wie "Berlin, Berlin", "Nikola" und "Mein Leben und Ich". Safier wurde u.a. mit dem Grimme-Preis, dem Deutschen Fernsehpreis und dem Emmy, dem amerikanischen Fernseh-Oscar, ausgezeichnet. Seine Romane "Mieses Karma" (auch als Hörspiel), "Jesus liebt mich", "Plötzlich Shakespeare", "Happy Family", "Muh" und "Mieses Karma hoch 2" erreichen Millionenauflagen.
Jerzy Jurandot, geboren 1911 in Warschau, polnischer Dramatiker, Satiriker und Liedtexter, leitete verschiedene Theater, u.a. ab 1942 das Revue-Theater Femina im Warschauer Ghetto, gestorben 1979 in Warschau.
hoerspielTIPPs.net:«Das Schöne am (Radio)Hörspiel ist, dass dieses Medium es immer wieder schafft, mich zu überraschen. So erging es mir auch mit "Die Liebe sucht ein Zimmer". Dabei ist das Theaterstück, das hier im Fokus steht, an sich eine einfache Boulevard-Komödie, leichter Stoff mit durch- und überschaubarer Handlung. Besonderes wird es aber durch den historischen Kontext. Dass dieses Stück im Warschauer Ghetto geschrieben und inszeniert wurde und zudem auch noch die dortige Situation als Kulisse hat, hebt es auf ein ganz anderes Level. Plötzlich wird aus diesem heiteren Singspiel deutlich mehr. Der - im wahrsten Sinne des Wortes – todernste Hintergrund macht aus der bloßen Heiterkeit eine Hymne für das Leben und die Liebe. Alle drastischen Lebensumstände wie Hunger, Armut, Verfolgung werden nebensächlich oder mit Humor gedämpft. Die Klammer, die David Safier um das Stück setzt, verdeutlicht dies. Sie lässt das Stück noch zusätzlich wirken.
Die Inszenierung bleibt der historischen Kulisse und der vermeintlichen Leichtigkeit des Stückes treu. Die Figuren leben in ihren Klischees und werden von den Schauspielern hierin gut wiedergegeben. So gelingt es, dass der Hörer nie die zusätzliche Ebene des Stückes vergisst.
"Die Liebe sucht ein Zimmer" ist aufgrund seiner Ambivalenz und einem höchst gelungenen Spagat zwischen Tragik und Komik, für mich eines der empfehlenswertesten Hörspiele des bislang vergangenen Jahres 2017. »
🔥 Radio:Tipp der Hörspiel-Freunde
Vorstellung im OhrCast
Ursendung: 25.05.2017
Als Download / Im Handel verfügbar seit / ab: 22.06.2017
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