Zwölf Menschen sprechen, ihre Sätze und Wörter wurden neu montiert, um Zwischentöne freizulegen.
In diesem Originaltonhörspiel sprechen zwölf Menschen, die sich aus unterschiedlichen Gründen aus der gewohnten Umgebung zurückgezogen und in psychiatrische Behandlung begeben haben. Die Auszüge aus langen Gesprächen zeugen von Überforderung, Angst, Leistungsdruck - im Privaten wie Beruflichen. ‚Verirrhaus‘ bricht radikal mit der Ökonomie des Sprechens: Satzfragmente, Bruchstücke und Äußerungen fallen aufeinander - aneinander - durcheinander. Das Unausgesprochene wird hörbar.
"In meinem Hörspiel ... verwende ich Aussagen aus Gesprächen mit insgesamt zwölf jüngeren Menschen, deren Bewußtsein an unseren gesellschaftlichen Bedingungen - Leistungswettbewerb zwischen den Geschlechtern, in Beruf und Familie - erkrankt ist, die sich zur Neuorientierung ihrer Persönlichkeit aus der gewohnten Umwelt vorübergehend zurückgezogen und in psychiatrische Behandlung begeben haben." (Wühr)
Paul Wühr (1927-2016) zählt zu den experimentellen Autoren deutscher Gegenwartsliteratur und gilt als Pionier des Originaltonhörspiels. Er arbeitete von 1949 bis 1983 als Volksschullehrer in Gräfelfing am Rand von München. Gleichzeitig schrieb er Gedichte, Prosaschriften und Hörspiele. Insbesondere mit der Technik der Sprachanalyse und Collage in seinen experimentellen Hörspielen der 1970er-Jahre erregte er Aufsehen. Seit 1986 lebte er in Passignano, Italien. Er erhielt viele Preise: 1972 den Hörspielpreis der Kriegsblinden für "Preislied" (BR/NDR 1971), 2007 den Ernst-Jandl-Preis für Lyrik, zuletzt 2014 den Heimrad-Bäcker-Preis. "Verirrhaus" bildet mit "Preislied" und "Trip Null" die Hörspieltrilogie "So spricht unsereiner".
Ursendung: 02.06.1972
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