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Der kleine Bruder

ungekürzte Lesung - ein Lesung von Sven Regener, Roof Music - Tachels 2008


⏰ 324 Min.

🛠 Bearbeitung: Henk Heuer, Beat Halberschmidt

🎤 Mit: Sven Regener

Berlin-Kreuzberg, November 1980: Im Schatten der Mauer gedeiht ein Paralleluniversum voller Künstler, Hausbesetzer, Kneipenbesitzer, Kneipenbesucher, Hunde und Punks. Bier, Standpunkte, Reden, Verräterschweine - alles ist da. Nur eins fehlt: jemand, der alles mal richtig durchdenkt: Frank Lehmann aus Bremen. Nachdem seine WG dort vom Gesundheitsamt geschlossen wurde, das Zimmer bei seinen Eltern zum Fernseherreparieren benötigt wird und er nach kühnem Ausbruch aus dem Wehrdienst noch keinen Plan hat, fährt er erst mal nach Berlin - zu seinem großen Bruder Manni, der dort als Künstler lebt und eine große Nummer ist. Dachte er. Doch Manni ist weg. Weder sein Vermieter Erwin Kächele noch dessen Nichte Chrissie oder sein Mitbewohner Karl haben eine Ahnung, wo Manni steckt. Außerdem nennen sie ihn nicht Manni, sondern Freddie. Und haben sofort eine konkrete Idee davon, was Frank zu tun hat: Anstelle seines Bruders an einem kurzfristig anberaumten Krisenplenum teilnehmen.

Damit beginnt eine lange Nacht, in der Frank Lehmann lernt, dass in einer Welt, in der alle Künstler sein wollen, nichts notwendigerweise das ist, als das es erscheint, und in der er mehr über seinen Bruder erfährt, als er wissen will, aber nie das, wonach er fragt.

Und mit einer Nacht ist es nicht getan, denn wie sagt Karl, der Typ, den Frank auf Anhieb nicht mag, und der sein bester Freund werden wird:
"Das ist wie in der Geisterbahn. Jetzt sind alle eingestiegen, und der Bügel geht runter, und dann müssen das auch alle bis zu Ende mitmachen ..."

Die limitierte Erstauflage enthält die Bonus-CD "Sven Regener liest quer, Live-Lesung lit.COLOGNE 2008".


hoerspielTIPPs.net:
«Also, dachte ich, hör dir das Teil mal an, und dann schreibst du anschließend ´ne Rezi, ist ja der übliche Weg, mach ich ja öfter mal, jedenfalls so in der Art, oder so.

War auch alles kein Problem, nur die Rezi ist, denke ich mal, ein bisschen anders geworden, als man das kennt, zumindest von mir - irgendwie auch nicht, aber ist ja jetzt auch egal, weil es muss ja jetzt hier auch mal weitergehen, schließlich will man ja wissen, ob man sich die Lesung anhören soll oder nicht und da hilft es wenig, jetzt groß darüber nachzusinnieren, wie denn nun die Rezension geworden ist, ob man damit zufrieden ist, oder ob man denkt, ne, das hätte man ganz anders machen sollen. Das bringt ja nix, wenn man da jetzt noch lange rumgrübelt, da muss jetzt mal Butter bei die Fische und deswegen geht das jetzt auch direkt los! Wundert euch aber über nix...

Ja, wo fang ich an? Ich sag mal so, geiles Teil, nur viel zu kurz! Also ist schon lang, sicherlich, aber doch irgendwie, so im Verhältnis gesehen, also wenn man jetzt mal den Vorgänger als Beispiel nimmt, mal eben, da wirkt es dann doch ein bisschen kurz. Schmälert natürlich nicht den Spaß an der Sache. Ist ja wichtig, dass man da Spaß dran hat, ist ja eigentlich das Wichtigste. Ich mein, wo kämen wir denn da hin, wenn so ein Ding keinen Spaß machen würde, das wäre ja auch schön blöd, denke ich.

Regener schlägt ja hier den Bogen zwischen "Neue Vahr Süd" und "Herr Lehmann" und macht damit die Trilogie perfekt. Ist schon ne komische Trilogie, wo erst der dritte, dann der erste und jetzt der zweite Band erscheint, aber soll er mal machen, der Regener, der wird schon wissen, was das soll und vermutlich auch sehen, was er davon hat.

Jedenfalls hängt sich die Geschichte unmittelbar ans Ende von "Neue Vahr Süd" dran und erzählt von Frank Lehmanns ersten Tagen in Berlin. So fängt das an und soviel ist mal klar, dass da nicht nur Frank einfach nach Berlin kommt, sondern dass da auch einiges Unterhaltsames passiert.

Das Buch enthält grundlegende Wahrheiten, so zum Beispiel, dass in Berlin wohnen wie Tuba spielen ist, das ist Fakt, das lässt sich nicht widerlegen, das muss man als Leser, oder meinetwegen auch als Hörer, nun einfach mal so hinnehmen. Macht man ja auch gerne und da ist es fast schon egal, ob man die anderen Bücher kennt, was zwar grundsätzlich immer besser ist, weil man dann ja schon ungefähr weiß, worauf man sich einlässt, aber dass das jetzt zwingend notwendig wäre, um alles zu verstehen, was in "Der kleine Bruder" passiert, das kann man mal getrost verneinen.

So kann man also auch ganz locker in diese Produktion reinhören, ohne sich vorher durch die "Neue Vahr Süd" gekämpft zu haben, wobei "gekämpft" das falsche Wort ist, weil das Buch ja auch ziemlich genial ist und man daher auch keine Fehler macht, wenn man es mal gehört hat, aber wenn jetzt die Zeit zu knapp ist, für vorher noch die 12 CDs durchzuhören oder man vielleicht jetzt nur "Den kleinen Bruder" da stehen hat, dann ist das auch erstmal kein großer Beinbruch.

Klar, "Der kleine Bruder" ist der zweite Teil und natürlich gibt es da Bezüge zum ersten, aber das klärt sich dann. Da lässt der Regener einen auch nicht alleine im Regen stehen, da sagt er dann auch immer was dazu, so dass man da nix vermisst.

Auch dass man "Herr Lehmann" vorher kennen muss, ist natürlich keine Voraussetzung, wie denn auch, das, was da drin steht, passiert ja erst später, auch wenn das jetzt schon vorher aufgeschrieben wurde. Das ergibt sich ja von selbst, denke ich mal, da muss man eigentlich gar nicht viel zu sagen. Andererseits, am "Herr Lehmann" kam man ja ohnehin nicht vorbei, das war ja in aller Munde, da gibt es Filme und Hörspiele und was-weiß-ich-nicht noch von. Aber falls doch, ich mein, wenn man nix davon gehört hätte, ginge es auch so.

Es gibt ja Lesungen, eigentlich gibt es ja sogar ziemlich viele Lesungen, die nicht nur inhaltlich, sondern auch technisch nahezu perfekt sind, großes Kino halt, kennt man ja. Da ist das hier schon ein bisschen anders, was aber auch in diesem Fall so sein muss, denn irgendwie wäre das auch nix, wenn das irgendwie von Heidenreich oder Kerzel oder wem auch immer, was weiß ich, wer nicht alles gut lesen könnte, so perfekt vorgetragen würde, das würde nicht passen, glaub ich zumindest nicht.

Irgendwie gehört das da schon dabei, dass da mal was verschluckt wird und irgendwie wär´ das auch nix, wenn das fehlen würde, da wäre irgendwie Flair… ja ich glaub, dass ist ein gutes Wort dafür. "Flair" - muss ich mir mal merken, gutes Wort…. jedenfalls wäre da irgendwie das Flair nicht so da. Auch irgendwie das Umblättern, auch das gehört da zwar eigentlich nicht hin, ich mein jetzt, ist schon klar, dass der Regener umblättern muss, der kann ja nicht immer nur die eine Seite lesen, das muss ja auch mal weitergehen. Ne, ich mein, dass man das ständig hört, das wirkt irgendwie, ja, keine Ahnung, unprofessionell. Also, eigentlich. Hier ist das ganz was anderes, aber ganz was anderes. Irgendwie darf der Regener das, der darf sich versprechen, der darf umblättern, so laut wie der will, und wenn sich das anhören würde, als ob ein Stein auf eine Motorhaube fällt, jetzt nur mal als Beispiel oder so. Nicht, dass das da jetzt so laut wäre, ne, so laut ist das wirklich nicht, aber irgendwie hört man das schon, und das lässt sich auch nicht wegdiskutieren. Und selbst wenn man sich auf den Kopf stellt, das Umblättern bleibt drin, soll es auch, meinetwegen, stört ja nicht, zumindest nicht hier, sag ich mal so.

Und, auch wenn es langweilig ist, Buchpassagen, die im Pressetext auftauchen, nochmal zu zitieren, irgendwie passt der Satz, den Karl im Buch sagt, tatsächlich auch zum Verhältnis Hörer zur Lesung, "Das ist wie in der Geisterbahn. Jetzt sind alle eingestiegen, und der Bügel geht runter, und dann müssen das auch alle bis zu Ende mitmachen ...". Womit ich eigentlich nur sagen wollte, dass man das Ding nicht mehr vom Ohr nimmt, sobald man mit Frank und Wolli auf der Transitstrecke ist und Richtung Berlin fährt. Ne, das hört man sich zu Ende an, das kann gar nicht schnell genug weitergehen und irgendwie fehlt einem da auch was, wenn´s dann nach fünfeinhalb Stunden leider schon vorbei ist.

Wer sich beeilt, bekommt noch eine der limitierten Auflagen, bei denen ein Live-Mitschnitt einer Lesung von Regener mit Ausschnitten aus allen drei Büchern. Da ist natürlich inhaltlich einiges doppelt, aber da hört man mal, wie das so beim Publikum ankommt, und wie man da so hört, kommt das gut an.

Ums jetzt mal auf den Punkt zu bringen, denn so langsam ist auch mal die längste Rezi vorbei - wer will das denn auch alles lesen, da bleibt ja kaum noch Zeit zu hören, vor allem, wenn man, obwohl man es ja nicht zum Verständnis braucht, vorher noch die "Neue Vahr Süd" hören will, da kann die Zeit ja schon knapp werden - und daher sollte jetzt auch mal ein Fazit gezogen werden.

Jetzt ohne groß rumzueiern, ist "Der kleine Bruder" mit das Unterhaltsamste, was ich in diesem Jahr gehört habe. Da beißt die Maus keinen Faden ab. Hier passt alles zusammen, Text und Vortrag sind eine Einheit und machen aus der Lesung ein ganz eigenes Kunstwerk.

Sag ich mal so.»


...





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