Ein Einsamer in Lissabon, Buchhalter in der Straße der Vergolder, spricht Monologe vor sich hin: In seinem Büro, auf den Straßen der Stadt, im Restaurant, in seiner Wohnung. Die Sätze, in den schwarzen Raum der Melancholie gerichtet, rufen andere Stimmen auf, in seinem Kopf erdachte Figuren: Seefahrer, Dichter, Träumer, Abenteurer. Sie überkreuzen einander mit ihren imaginären Wünschen, Sehnsüchten, Witzen, Verzweiflungen, Vergeblichkeiten. Und abends, nach den Tagesreisen auf der Route der Traurigkeit, singt den Verlorenen eine Frau in den Schlaf - mit Opernarien und den Botschaften einer Liebe, die niemals stattgefunden hat.
Wilfried F. Schoeller, geboren 1941, lebt als Fernsehredakteur in Frankfurt/Main.
Fernando Pessoa (1888-1935) gilt als bedeutendster Lyriker der neueren portugiesischen Literatur. Außer unter seinem eigenen Namen schrieb er unter vier Pseudonymen, die er als selbständige menschliche und poetische Individuen verstand. Pessoa bediente sich souverän und methodisch der lyrischen Ausdrucksmittel von Klassizismus, Symbolismus, Futurismus ebenso wie der freien Rhythmen Walt Whitmans. Er schrieb auch in englischer Sprache.
Ursendung: 26.01.1994
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