Will Navidsons Nerven liegen blank. Sein neu gekauftes Haus hat plötzlich Türen, wo keine sein dürften. Dahinter: der Zugang zu einem labyrinthischen System, das sich ständig verändert. Bei dessen Erforschung kommt es zu mysteriösen Zwischenfällen. Wohin verschwinden die Menschen im Labyrinth? Welcher Schrecken wartet in der Dunkelheit? Das Haus gilt als Â"die literarische Sensation des 21. JahrhundertsÂ", seine Umsetzung als Hörspiel schrieb Radiogeschichte: Erstmals wurden drei WDR-Hörspiel-Versionen eines Romans simultan auf drei Wellen gesendet. Jetzt gibt’s dieses Ereignis als Hör-DVD â€" für unbegrenztes Horror-Zapping.
hoerspielTIPPs.net:«Der WDR ist immer für ein Hörspielereignis gut. Auch im Jahr 2009 gibt man dem Medium neue Impulse, beispielsweise mit der Mammutproduktion "Die Tore der Welt" oder dem 13teiligen Hörspiel "13", das in je 13 Minuten über die Zahl 13 erzählte. Jetzt setzt man mit dem ersten Simultanhörspiel überhaupt, eine neue Duftmarke in Sachen Hörspielinnovation.
Bearbeiter Thomas Böhm hat es nicht nur geschafft, den Autor Mark Z. Danielewski zur ersten medialen Umsetzung seines Romans zu überreden, ihm gelang es auch, aus dem extrem über Format und Optik wirkenden Buchs, drei brauchbare Hörspielskript zu adaptieren. Die einzelnen Fassungen erzählen die Geschichte aus unterschiedlichen Perspektiven. Die von 1Live ausgestrahlte Fassung enthält kommentiertes Filmmaterial aus dem legendären "Navidson-Record", WDR 3 sendet Aufzeichnungen und Hintergrundwissen von Zampano und der auf WDR 5 ausgestrahlte Part basiert auf dem Bericht des in Los Angeles lebenden Aushilfsarbeiters Johnny Truant.
Diese drei Stränge sind dem Buch entlehnt, jede Fassung bringt andere Aspekte, enthält nicht aber nur unterschiedliche Blickwinkel, sondern auch ganz eigene Szenen und Schilderungen. Jedes dieser Hörspiele kann für sich alleine stehen, wirkt aber erst richtig im Gesamtzusammenhang. Die Hörspiele sind natürlich inhaltlich, aber auch formal verknüpft, zentrale Szenen finden sich in allen drei Fassungen wieder.
Die Geschichte erinnert in der vorgelegten Form an moderne, clevere Horrorfilme. Der Plot um das Haus mit seinen sich verschiebenden Räumen, dem eisigen Labyrinth, wird hier sehr glaubwürdig geschildert, da man diese Erzählung in eine Art Dokumentation einbindet. Das erinnert ein wenig an das grundsätzliche Format von "Blair Witch Projekt", auch wenn die Handlung hier nicht ganz so eingängig ist.
Die Inszenierung ist erstklassig. Alle drei Fassungen sind atmosphärisch extrem dicht und mit Soundeffekten und permanenten Unterlegungen bespickt, so dass die bedrohliche Kulisse des Hörspiels stets vorhanden ist. Die Dialoge sind sehr dynamisch eingesprochen, es macht sich bezahlt, dass man hier in adäquaten Kulissen die Sprecher wirklich hat Spielen lassen. Die Leistungen sind entsprechend glaubwürdig und gelungen. Gewöhnungsbedürftig ist eigentlich nur der der Part von Roberto Ciulli. Er erzählt als "Zampano" die Geschichte, was sich dem Hörer allerdings erst im Laufe der Zeit erschließt.
Das einzige Problem, das sich hier wirklich stellen kann, ist die Frage, ob es tatsächlich möglich ist, das Hörspiel während der Sendung zu verfolgen, in dem man - wie vorgesehen - zwischen den einzelnen Fassungen hin- und herschaltet. Die Gefahr besteht, dass man trotz des abgestimmten Timings der einzelnen Hörspiele, den roten Faden verliert. Auch wenn die Handlung parallel verläuft, die Komplexität der Geschichte macht es dem Hörer diesbezüglich nicht ganz so einfach. Ein wenig schade ist es zudem, dass man auf diese Art 2/3 des Hörspiels einfach verpasst.
Aber dennoch: Versuch macht klug! Und so möchte ich diese erstklassige(n) Produktion(en) an des Hörers Herz legen. Dieses besondere Radioereignis sollte man nicht verpassen!»
Ursendung: 23.10.2010
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