Adelheid Duvanel gilt als eine der wichtigsten Autorinnen der Schweiz, ist aber immer ein Geheimtipp geblieben. Das Hörspiel von Simona Ryser gibt Duvanels fragilen Figuren aus dem Universum der Verlorenheit Raum und Stimme.
Frau Leisegang lebt seit Jahren mit einem Stapel alter Luftpostliebesbriefe in einem Hotel, weil ihr Haus abgebrannt ist. Der Musikkritiker Werner kauft für eine Pianistin, in die er sich unglücklich verliebt hat, einen Flügel, der dann ungenutzt in seiner Sozialwohnung steht und als Esstisch dient. Eine Frau verbringt ihre Zeit mit endlosem Warten auf ihren Mann, der Dichter ist. Eine andere Frau schreibt in ihrem Kündigungsbrief: "Ich bin eine überhäufte Bürokraft". Norbert fürchtet sich so sehr vor seiner schönen Frau Norma, dass er nicht mehr schlafen kann.
Es sind versehrte, fragile, einsame, lebensmüde Figuren, die durch Adelheid Duvanels kurze Erzählungen huschen, gezeichnet von den Mühen und Abgründen des ganz normalen Alltags. Der haarscharfe Blick auf Randfiguren unserer Gesellschaft, der zartbittere Tonfall und die Behutsamkeit, mit der sich die Autorin den Gefährdeten und Lebensuntüchtigen widmete, erinnern zuweilen an die Schreibwelten von Robert Walser und schaffen doch ein ganz eigenständiges Universum.
Adelheid Duvanel, geboren 1936 in Basel, absolvierte die Kunstgewerbeschule und machte eine Lehre als Textilzeichnerin - sie arbeitete als Büroangestellte, als Kunstmalerin, Journalistin und Schriftstellerin in Basel. Sie lebte in schwierigen Verhältnissen und hielt sich wiederholt in psychiatrischen Kliniken auf. 1984 erhielt sie den Kranichsteiner Literaturpreis und 1987 den Basler Literaturpreis. 1996 nahm sich Adelheid Duvanel das Leben - ein Reiter entdeckte sie erfroren in einem Wald.
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