Im Sommer 1933 widerfährt der Schriftstellerin und Kabarettistin Emmy Hennings ein ziemlicher Schock: Der Dichter Jakob van Hoddis ist auf dem Weg zu ihr ins Tessin. Er sei bereits in Zürich: "Ja was meinst du wohl. Er ist aus dem Irrenhaus ausgebrochen." Das kann nicht sein. Jakob van Hoddis ist Hans Davidsohn und seit fast zwei Jahrzehnten psychisch krank, seit fast zehn Jahren verschließt er sich vor der Welt und die Welt schließt ihn fort. "Patient ist unverändert stumpf und indolent." Er spricht nicht. Er raucht und spielt Schach. "Ungebessert." Er grüßt Ameisen und Schmetterlinge. "Völlig unverändert." Wir wissen: 1942 wird Hans Davidsohn von Nazi-Schergen nach Polen verschleppt und vermutlich im Konzentrationslager Sobibor ermordet. Und doch: War nicht der Schöpfer von "Weltende" ein notorischer Ausbrecher? Lassen wir ihn 1933 im Tessin ankommen.
Karl Bruckmaier, geboren 1956 in Pfarrkirchen. DJ, Journalist und Hörspielautor und -regisseur.
Ursendung: 31.05.2002
Als Download / Im Handel verfügbar seit / ab: 09.05.2019
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