""Zwei Tage vor dem Endspiel um die Fußballweltmeisterschaft präsentierte Ferdinand Kriwet, der Strukturalist unter den modernen Hörspielmachern, mit "Ball" seine "literarische Erfahrung des Stellenwerts von Fußball". Dabei bedient er sich, ähnlich wie bei seinem Hörtext 8 "Modell Fortuna", formal des Collageprinzips: In der Bundesligasaison 1973/74 besuchte er die Stadien der Bundesligaklubs und legte den Zuschauern vor und nach den Spielen jeweils die gleichen Fragen vor. Die auf Tonband mitgeschnittenen Antworten und Statements bildeten das statistische Rohmaterial. Daraus erstellte er eine Art Partitur. Hielt Kriwet mit Hilfe dieser Methode im Hörtext "Modell Fortuna" die Stimme der Masse des Fußballpublikums fest, so geht es ihm mit "Ball" um den einzelnen Zuschauer, genauer gesagt: um die Widerspiegelung des sozialen Stellenwertes von Fußball, wie dieser sich aus den einzelnen Angaben der Fans und Gelegenheitszuschauer ergibt. Der spezielle Jargon, den Kriwet diagnostiziert und zu Beginn des Hörtextes erst stichwortartig, dann in Satzfragmenten und schließlich in zusammenhängenden Aussagen hervortreibt, weist seiner Meinung nach zurück auf die gesellschaftliche Situation, in der sich das "Phänomen Fußball" zu dem entwickelt hat, was es dem einzelnen bedeutet. Ob man dieser These nun zustimmen mag oder nicht: der objektive Befund Kriwets belegt, daß Fußball dort, wo er gespielt wird, keineswegs so "antiseptisch" ist, wie er beispielsweise durch Fernsehübertragungen wirkt. Die Agressivität tritt deutlicher hervor - diese abzureagieren, scheint ein Grundmotiv für die Fans zu sein, allsamstäglich ihren Klub zu begleiten. "... irgendwie muß et ´raus!"""
Ursendung: 31.01.1975
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