Am 08.11.1939 versucht Georg Elser einen Anschlag auf Hitler, Göring und Goebbels. Das Attentat scheitert knapp, da die nationalsozialistische Führungsmannschaft den Münchner Bürgerbräukeller völlig unerwartet kurz vor der Explosion der Bombe verlässt. Elser wird auf der Flucht festgenommen und am 09.04.1945 im KZ Dachau mit einem Genickschuss ermordet. Seine Familie erfährt nichts, erst 1950 wird er für tot erklärt. Elsers mutige Tat wurde erst verurteilt, dann jahrelang nicht verhandelt - sie wurde geleugnet, uminterpretiert und erst spät anerkannt. Da Elser sich weder in Briefen noch Tagebüchern zu seiner Tat geäußert hat, stützt sich das kollektive Gedächtnis auf nachträgliche Erinnerungen von Zeitzeugen, die erst Jahrzehnte später befragt wurden, und auf die Verhörprotokolle der Gestapo: Quellen, die zwar vorgeben, das zu berichten, was gewesen ist, die aber wenig Rückschlüsse auf die historische Figur zulassen und möglicherweise Verfälschungen enthalten. Wie im Leben bleibt Georg Elser im Hörspiel sprachlos. Seine Stimme übernimmt die Zither, jenes Instrument, das er von 1926 an bis zu seinem Tod spielte. Der Figur Elser ist eine durchlaufende Musik zugeordnet, die auf der Komposition Jeshimon von Peter Kiesewetter beruht. Die Musik ist archaisch karg, die Entwicklung des Materials beschränkt sich auf das Notwendige. Sie steht im Gegensatz zu den eingesprochenen Erinnerungsfragmenten, die mehr über die jeweilige Figur als über Elser preisgeben. Unerhörte Klänge und Geräusche, subtile Pulsänderungen und mikrotonale Übergänge entfalten ein vielschichtiges Geflecht zwischen den Textfetzen. Die Textcollage stützt sich auf Aussagen von Zeitzeugen. Zu Wort kommen unter anderen die Kellnerin Maria Strobl, die am 9. November im Bürgerbräukeller servierte, Ermittler, die Elser verhörten, Beamte, die über Entschädigungen für die Familie entschieden, oder die Mutter Elsers, die sich bis zu ihrem Tod 1960 gegen die Darstellung des Theologen Martin Niemöllers wehrt, ihr Sohn sei nur ein Werkzeug der Nazis gewesen. Widersprüche in den Darstellungen bleiben bestehen, die Ereignisse wurden unterschiedlich wahrgenommen und bewertet.
Ursendung: 10.06.2012
Als Download / Im Handel verfügbar seit / ab: 09.04.2020
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