Kerstin Spechts frühe Stücke stehen in der Tradition des kritischen Volkstheaters. In dem Monolog "Amiwiesen" erzählt die bäuerliche Dienstmagd Anna die Geschichte ihres verpfuschten Lebens in einer Kleinstadt im oberfränkischen Grenzgebiet: die armselige Jugend, die unerfüllt gebliebene erste Liebe, die glücklichen Stunden auf den Amiwiesen, wo sie ab und zu einen Amerikaner traf, die unglückliche Ehe mit dem schon früh verstorbenen Mann und ihre langen, elenden Jahre als Dienstmagd. Inzwischen liegt ihre Herrin unter der Erde - ermordet - und die Magd ist auf der Flucht. Das stumme, ungeliebte Kind ihrer Herrschaft trägt sie auf dem Rücken mit sich. Sie selbst ist kinderlos. Sie hat sich genommen, was ihr in ihrer geradlinigen, schlichten Weltsicht zusteht. Ob das ein Fluch oder ein Segen ist, weiß sie nicht. Aber eines weiß sie genau: Der Mensch wird nicht im Stand der Unschuld geboren - die Sünden der Eltern stecken schon in ihm und wollen leben.
Kerstin Specht, geb. 1956 in Kronach/Oberfranken, Theaterautorin. Werke unter anderen "Das glühend Männla" (1990), "Marieluise" (2001), "Der Flieger" (1993), "Mond auf dem Rücken" (1993, Lasker-Schüler-Dramatikerpreis), "Solitude" (2003), "Der Zoo" (2009).
Ursendung: 23.12.1990
Als Download / Im Handel verfügbar seit / ab: 17.09.2020
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