Sommer 1989, irgendwo in Brandenburg. Sonny ist 14 Jahre alt, als sein grosser Bruder eines Nachmittags vor ihm steht und sagt: "Pack Deine Sachen!" Roadmovie und Kriminalgeschichte – "Brüder" ist beides. Gleichzeitig erzählt das Hörspiel von Geschwistern, die sich unterwegs verlieren.
Die wahren Hintergründe dieser überstürzten Flucht aus der DDR begreift Sonny erst wesentlich später. Sein Bruder, in der DDR Berufskraftfahrer, wird nie mit ihm darüber sprechen. Denn ausnahmsweise ist es nicht die Stasi, die hinter ihm her ist. In der Nacht, als schliesslich die Züge mit den Botschaftsflüchtlingen von Prag aus in den Westen rollen, ist keiner von beiden an Bord.
30 Jahre nach dem Fluchtversuch, 2019, macht sich Sonny noch einmal auf den Weg, den er damals mit Timur, seinem Bruder, zurückgelegt hat. Wir fahren mit. Über Dresden, durch die ehemalige CSSR bis nach Prag. Immer die alte Strecke entlang. Unterwegs wird auch Sonny allmählich klarer, was damals eigentlich passiert ist. Und das Bild des grossen Bruders, der ihm immer ein Vorbild war, bekommt zunehmend Risse.
Inspiriert ist der fiktive Plot von einer wahren Begebenheit. Und auch die eigene Fluchtgeschichte des Autors spielte bei der Bearbeitung des Stoffes eine Rolle.
Natürlich ist die Fluchtgeschichte der dramaturgische Motor des Ganzen. Aber die Grautöne in der fiktionalisierten Lebenswirklichkeit zu zeigen, wie es sie tatsächlich in DDR-Biografien gab, das ist mir das eigentliche Anliegen. Trotz allem Rummel um das Mauerfall-Jubiläum sehe ich da immer noch eine Lücke, einen Raum für viele Geschichten, die noch zu erzählen sind.
(Sebastian Hocke)
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