In der Nacht steigt ein Mann ins Fenster. Er kommt nicht um zu stehlen, er ist kein kleiner privater Gangster, der im Schutze der Dunkelheit seinem Geschäft nachgeht: er handelt im Auftrag der Herrschenden. Dieser Mann ist der Henker, den der anonyme, totalitäre Staat ausschickt, den unbequemen Gegner aus dem Wege zu räumen. Sein Opfer erwartet ihn, und so entspinnt sich jene unheimliche Dialogszene, die Dürrenmatt im Untertitel dieses Hörspiels einen "Kurs für Zeitgenossen" nennt. Das Opfer rekapituliert seinen Kampf, einen Kampf um "Selbstverständlichkeiten" in einer traurigen Zeit, "in der man um das Selbstverständliche kämpfen muß". Der Henker spricht zu ihm von der Nacht und der Ohnmacht seiner Auftraggeber. So kreist dieses nächtliche Gespräch um Fragen, die uns alle angehen, Fragen nach Leben und Tod, Furcht und Hoffnung und nach der Selbstbehauptung des Individuums in einer ihm feindlichen Welt.
Friedrich Dürrenmatt, geboren am 5. Januar1921, zählt zu den bedeutend-sten deutschsprachigen Schriftstellern und Dramatikern. Er studierte in Zürich und Bern Philosophie, Theologie und Germanistik, arbeitete als Graphiker, Illustrator und Theaterkritiker. Erste Bühnenwerke entstehen Ende der 1940er Jahre. Anfang der 1950er Jahre beginnt er Hörspiele zu schreiben und verfasst bis 1962 zahlreiche Stücke für den Rundfunk. Dürrenmatts Hörspiele sind frühe Versuche, Kunstwerke in die Programme der Massenmedien einzubringen. Zahlreiche Auszeichnungen, u.a. Hörspiel-preis der Kriegsblinden 1957 für "Die Panne". Dürrenmatt starb 1990 in Neuchâtel/Schweiz.
Ursendung: 08.01.1960
Als Download / Im Handel verfügbar seit / ab: 03.01.2021
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