In "Namyslowskis Zimmer" ist der Zweite Weltkrieg vorbei, aber er wird - und das zeigt Hans-Jörg Dost wiederum exemplarisch - noch sehr lange in den Köpfen bleiben. Namyslowski, gespielt von Jürgen Hentsch, ist Pole, hat den Krieg überlebt und wartet auf die Übergabe seiner Tochter, die die Amerikaner aus einem Lager befreit haben. Die Deutschen müssen ihm, dem Polen, ein Zimmer abtreten, der Tischler ihm ein Bett bauen. Feindselig stehen sich der Gewinner, der nichts gewonnen hat und die Verlierer, die nichts verlieren wollen, gegenüber. In dieses Patt aus Verbitterung und Anfeindungen tritt Anna, Namyslowskis Tochter. Noch führt er in Erwartung ihrer Ankunft nur in Gedanken mit ihr erste Gespräche, aber in denen richtet sich Annas Blick in allem was sie sieht und tut nach vorn. Und sie kann ihren Vater, so scheint es, über ihre pure Existenz zurück ins Leben holen.
Hans-Jörg Dost wurde 1941 in Leipzig geboren und studierte in der Messestadt Theologie. Er arbeitete als evangelischer Pfarrer in verschiedenen Gemeinden Sachsens, in Erfurt und in der Steiermark. Seine überwiegend vom Rundfunk der DDR produzierten Hörspiele wurden in über zehn Sprachen übersetzt. 1989 begleitete er als Pfarrer in Erfurt die Bürgerbewegung und gehörte zu den Mitbegründern des Demokratischen Aufbruchs in Thüringen. Hans-Jörg Dost lebt in Dresden. Zu seinen bekanntesten Hörspielen zählen "Storm im Exil oder Was sie in Heiligenstadt hören wollen, müssen sie schon selber singen" (1990) oder "Das verschenkte Weinen" nach Werner Heiduczek (1982).
Ursendung: 05.01.1975
...
