Eine Frau auf dem Weg nach Hause. Sie kommt vom Begräbnis ihrer besten Freundin, sechs Stunden ist das her, und im Straßenverkehr denkt sie, wieder und wieder, an Lilli. Daran, wie sie es mit den Männern gehalten hat, wie mit den Bindungen, die man lebenslang eingeht, der Familie, den Kindern, wie mit den kleineren und auch größeren Lügen, dem Abtauchen in immergleiche Affairen und wie mit der tödlichen Krankheit. Und daran, wie die Ketten um Lilli immer enger geworden sind: "Sie war so damit beschäftigt, das Sterben ernst zu nehmen, dass sie den Tod übersehen hat." Marlene Streeruwitz beleuchtet in dieser hochkonzentrierten, bezwingenden Suada ein Stück Leben, wie es viele gibt, wie es bislang allerdings in dieser dichten Brillanz wohl kaum erzählt wurde. All die gedankenlosen, beleidigend falschen Töne, die verlogenen Gesten, die leer gewordenen, verrutschten Rituale werden mit der präzisen Scharfsichtigkeit aufgespießt, die diese Freundin angesichts der bis ins Irreale, ins geradezu Absurde kippenden Sinnlosigkeit der eben erlebten Situation an den Tag legt.
Marlene Streeruwitz, geboren 1950 in Baden bei Wien, studierte Slawistik und Kunstgeschichte und begann, nach ersten großen Erfolgen als Dramatikerin, eine ebenso erfolgreiche Karriere als Prosaautorin 1996 mit "Verführungen", einem Roman, der für Aufsehen sorgte, nicht zuletzt wegen seines konsequenten - und höchst eigenwilligen - feministischen Blicks. Für ihre Romane wurde sie u.a. mit dem Mara-Cassens-Preis und dem Hermann-Hesse-Preis ausgezeichnet. Sie lebt in Wien, Berlin, New York City und London.
hoerspielTIPPs.net:«Der Rückblick auf ein Leben in 51 Minuten. Kein herausragend ungewöhnliches Leben, aber gerade das macht es besonders. Es zeigt in seiner Dichte die Ecken und Kanten auf, ausgehend von der eben erlebten Begräbnisfeier, die ebenso ihre, zumindest von der Freundin subjektiv empfundenen, Macken hatte.
Marlene Streeruwitz´ Monolog überzeugt insoweit durchaus. Allerdings schafft man es nur bedingt, den Hörer mit dieser Schilderung zu fesseln.
Das hat mehrere Ursachen, die für sich genommen unproblematisch wären, in der Summe jedoch, nur für eine durchschnittliche Bewertung sorgen.
Die Darstellung der Freundin ist geprägt vom Springen zwischen den Ebenen. Die Vergangenheit, die Eindrücke des Begräbnisses, aber auch das aktuelle Erleben auf der Rückfahrt, sind zwar in gewisser Weise strukturiert, haben aber natürlich, um authentisch zu wirken, die Züge des Chaos´, mit dem einem Gedanken durch den Kopf spuken. Hier steht die Glaubwürdigkeit ein wenig der Hörbarkeit im Wege.
Auch Krista Poschs Vortrag ist zwar formal nicht zu beanstanden. Sie geht die verschiedenen emotionalen Ebenen des Stückes mit, insgesamt wirkt es aber zu unterkühlt, der Funke will hier zum Hörer nicht so recht überspringen.
Eine per se interessante Produktion, die sich leider ein klein wenig selbst im Wege steht. Eigentlich sind hier Handlung und Darstellung in sich stimmig, das Gesamtpaket kann trotzdem nicht vollständig überzeugen. »
Ursendung: 19.04.2009
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