Das Aufbäumen gegen das scheinbar Feststehende bildet von Anfang an den Kern von Ilse Aichingers Dichtung. So sind die kleinen Hörstücke, die in den Jahren 1952-1956 entstanden, Konzentrate ihres Weltbildes: die Erfahrung des Todes als Ausgangspunkt, das Leben für sich und andere neu zu entdecken. Die Szenen des Hörspiels begeben sich „an die Schwelle“ vor einer Botschaft, an einer Pforte, zwischen zwei Prüfungen, in Erwartung, kurz vor dem Tod – buchstäblich „zu keiner Stunde“.„Hier, in dem milden Licht, nicht weit von den Pflanzenhäusern, wohnte die Alte, die Anfang und Ende voraussah. ... Die Störche flogen schon weg, und der Wetterhahn bog sich. Es war kurz vor dem Winter.“
llse Aichinger (1921- 2016 in Wien) gehört zu den wichtigsten deutschsprachigen Nachkriegsautor:innen. Sie war Mitglied der Gruppe 47. 1948 veröffentlichte sie ihren Roman über die Kriegszeit in Wien, „Die größere Hoffnung“, und ihre ersten berühmten Geschichten. Es folgten Gedichte, Hörspiele und Prosastücke. Für ihre Werke, die in viele Sprachen übersetzt wurden, erhielt sie zahlreiche literarische Auszeichnungen, darunter 1952 den Preis der Gruppe 47, 1982 den Petrarca-Preis, 1983 den Franz-Kafka-Preis, 1995 den Österreichischen Staatspreis für Literatur und 2015 den Großen Kunstpreis des Landes Salzburg.
Ursendung: 30.10.2001
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