Keine Entschuldigung, nie und für niemand, das ist der Grundsatz von dem ich ausgehe.´
In einer Amsterdamer Hafenkneipe leiht jeden Abend Jean Baptiste Clamance, der Exilant und Winkeladvokat, den Zuhältern und Dirnen seinen iuristischen Rat. Anschließend kehrt er, der Buß-Richter, in sein Zimmer im Judenviertel zurück, in dem er das gestohlene Genter Altarbild ´Die gerechten Richter´ versteckt hält, während der Genever, der einzige Lichtblick in all dieser Düsternis, ihm Trost und Wärme spendet. Jeden Abend aber auch beichtet er hier sein Leben Fremden: Er war früher in Paris ein glänzender Anwalt, ein Verteidiger der ´gerechten Sache´, ein sogenannter ´Gutmensch´ in den Zeiten nach dem Tode Gottes. Eines Tages entdeckte er aber sein Janusgesicht, entdeckte, daß er nichts anders war als ein herrschsüchtiger, im Grunde gleichgültiger Komödiant der Güte, der genau dann schuldig wird, wenn kein Publikum da ist - wie z.B. beim Sprung einer jungen Frau in die Seine. Aber wer will und soll ihn richten in einer Welt ohne Richter, in der keiner unschuldig ist?
Albert Camus, 1913 in Mondovi (Algerien) geboren, 1960 in Villeblevin (Frankreich) gestorben, gehört zu den grossen Autoren des 20. Jahrhunderts. Zu seinen wichtigsten Büchern zählen "Der Fremde" (1942), "Die Pest" (1947), "Die Gerechten" (1949). Nobelpreis für Literatur 1957.
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