Das Tagebuch des Verführers ist ein Abschnitt aus Kierkegaards 1843 erschienenem philosophischen Hauptwerk "Entweder - Oder", das, wie der Titel schon sagt, die Alternative thematisiert und die beiden Kategorien des Ästhetischen und Ethischen entfaltet und gegenüberstellt. Minutiös berichtet Johannes in seinem Tagebuch, wie er mit den Gefühlen Cordelias experimentiert und sie auf raffinierte Weise dazu bringt, sich in ihn zu verlieben, während er selbst völlig unbeteiligt bleibt. Ihm geht es um den unmittelbaren sinnlichen Genuß, und als er nach Erlangung seines Ziels Cordelias überdrüssig ist, manipuliert er sie wiederum, bis sie das Verhältnis von sich aus abbricht in der Meinung, es sei allein ihr Entschluß.
"Die Individuen waren für ihn bloß Antrieb, er schüttelte sie von sich ab wie ein Baum seine Blätter - er verjüngt sich, das Laub verwelkt."
Sein Gegenspieler Nils, der Cordelia aufrichtig liebt, ist ein ethischer Mann mit hohen moralischen Maßstäben. Er begreift erst am Ende, welche Rolle er in Johannes Inszenierung gespielt hat.
Søren Aaby Kierkegaard, 1813-1855, dänischer Philosoph, Schriftsteller und Theologe, gilt als wichtigster Vorläufer der Existenzphilosophie.
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