Am 10. Oktober 1964, noch keine 32 Jahre alt, nahm sich der Schriftsteller, Avantgardist und Dandy Konrad Bayer das Leben. Zuvor hatte er einen Auftritt bei der einflussreichen Gruppe 47 absolviert, wo seine Texte aber nicht den erwarteten Anklang fanden. Bayer, der gemeinsam mit Oswald Wiener, Friedrich Achleitner, H.C. Artmann und Gerhard Rühm die "Wiener Gruppe" bildete, scheiterte am Unverständnis der Nachkriegszeit. Traditionelles Erzählen interessierte ihn nicht. Er experimentierte mit Literatur und Sprache, montierte, dekonstruierte und schuf aus Textbausteinen aller Art eine neue Welt.
In seiner umfangreichsten abgeschlossenen Arbeit bediente sich Konrad Bayer einer schillernden historischen Figur: Vitus Bering, ein in russischen Diensten stehender Marineoffizier und Entdecker dänischer Herkunft. Die große Nordische Expedition (1733 – 1743), die Bering leitete, galt bis ins 20. Jahrhundert als aufwändigste Forschungsreise im Namen des wissenschaftlichen Fortschritts. Der Verschleiß an Mensch und Material war enorm.
In seiner durch eine Vielzahl historischer Quellen gespeisten Textmontage "Der Kopf des Vitus Bering" verwandelt Bayer die Geschichte der Expedition in ein experimentelles, multiperspektivisches Sprachkunstwerk: Kalt, präzise, gebrochen und assoziativ. "gegen ende", schrieb Bayer, "soll das ganze auch sprachlich vereisen".
Die Regisseurin Renate Pittroff hat Bayers erst nach seinem Tod publiziertes Werk für den Rundfunk bearbeitet und mit Dorothee Hartinger, Helmut Berger, Detlev Eckstein, Markus Meyer und anderen als Hörspiel inszeniert. Entstanden ist ein radiophoner, vielstimmiger Chor zu Ehren eines Mannes, der ohne Frage zu den herausragenden Persönlichkeiten der österreichischen Literatur zu zählen ist.
Konrad Bayer,1932 in Wien geboren. Bayer war befreundet mit Schriftstellern wie Oswald Wiener, Gerhard Rühm, H. C. Artmann und Friedrich Achleitner, die er ab 1951 im Art Club kennengelernt hatte. Von 1954 bis 1960 bildeten sie die Wiener Gruppe. Nach einem Besuch bei der Gruppe 47 im Jahr 1964, in der seine präsentierten Werke eine äusserst kritische Aufnahme gefunden hatten, setzte Bayer seinem Leben ein Ende.
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