Glimmrich ist Leichenredner von Beruf. Er weiß seine Worte wohl zu setzen, und jede Sprachschluderei ist ihm ein Greuel. Den "Maat" Schlonker, das Sprachbehinderten-Faktotum des Krematoriums, unterwirft er unnachsichtig seinen Sprachreinerhaltungsbemühungen. Aber auch seine Geliebte Olga, geboren und aufgewachsen in Prag, traktiert Glimmrich mit Schönsprechübungen zur Ausmerzung ihres Akzents. Parzer, Glimmrichs Chef, will den Sprachtick seines Trauerredners politisch nutzen. Gern läßt Glimmrich sich davon überzeugen, daß seine Arbeit unter Auftrag, Förderung und Kontrolle einer höchsten nationalen Zielen verpflichteten, (noch!) im Untergrund operierenden Organisation zu stellen sei, daß eine allumfassende Sprachreinigung als Teil eines größeren Zusammenhanges in den allumfassenden Dienst an der Völkischen Sache gehöre. Er entwirft immer radikalere Pläne zur Durchsetzung der Idee eines von Grund auf reinen deutschen Sprachkörpers. Jiri Orts Hörspiel zieht den dumpfen, totschlagbereiten neuen Rechtsradikalismus ins Groteske - ohne ihn je komödiantisch zu verharmlosen. Und weil dieser durchaus nicht allein ein deutsches Phänomen ist, hat der Autor zugleich eine spiegelbildliche Fassung seines Stücks auf tschechisch geschrieben, die vom Tschechischen Rundfunk Brünn (CRB) produziert wird. Der Präsident des Senats der tschechischen Republik, Dr. Petr Pithart, und der Präsident des Deutschen Bundesrats, Gerhard Schröder, stellten diesen Versuch, das für beide Staaten und Völker so unheilvolle wie gefährlich empfindliche Thema in beiden Sprachen literarisch anzugehen, unter ihre Schirmherrschaft.
Jiri Ort, geboren 1946 in Brünn, lebt seit 1970 im Westen. Er schrieb mehrere Hörspiele.
Ursendung: 23.06.1998
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