Die 1985 vom SDR produzierte Neuinszenierung des ´Tiger Jussuf´ basiert auf der wenig bekannt gewordenen Neufassung, die Günter Eich 1959 - also sieben Jahre nach der Ursendung - vorgenommen hat.
In diesem gleichzeitig phantastischen und doch logisch konsequenten Verwandlungsspiel bleibt ein Phänomen konstant: Die Beziehung zwischen Mann und Frau erweist sich als eine Konstellation von Macht und Ohnmacht, Unterdrückung und Ausgeliefertsein, Fressen oder Gefressenwerden. Seien es nun der Bäcker Richard und seine despotische Frau Paula, der Kommerziennat Rimböck und seine verhärmte Ottilie, oder Max, der ebenso Kommerzienrats- wie Bäckerssohn sein kann, und die geldgierige Kunstreiterin Anita - die Identitäten in diesem bestialisch-menschlichen Spiel sind austauschbar. So wird Jussuf, der ausgebrochene Zirkustiger, der Menschen zerreißt oder sich zum Manschen verwandelt, zum Symbol für die verborgene, dunkle Seite aller Figuren in diesem ganz alltäglichen Ausbeutungszirkus.
Günter Eich, am 1.Februar 1907 in Lebus/Mark Brandenburg geboren, zog 1922 mit seiner Familie nach Leipzig, wo er am Nikolai-Gymnasium das Abitur machte. Er studierte Sinologie in Berlin und veröffentlichte - teils unter Pseudonym - ab 1927 erste Gedichte und Texte. 1932 brach er sein Studium ab und wurde freier Schriftsteller. Er begann, Hörspiele für verschiedene deutsche Rundfunkanstalten zu schreiben. Im 2. Weltkrieg diente er als Kraftfahrer und Funker bei der Luftwaffe. 1943 gingen bei einem Luftangriff auf Berlin fast alle seine Manuskripte verloren. Nach dem Krieg veröffentlichte er weiterhin Gedichte, Prosa, Drehbücher, vor allem aber Hörspiele. 1963 übersiedelte er nach Salzburg, wo er am 20. Dezember 1972 nach langjähriger Krankheit starb. 1952 bekam Eich für "Die Andere und ich" den "Hörspielpreis der Kriegsblinden", 1968 wurde er mit dem Schiller-Gedächtnispreis des Landes Baden-Württemberg ausgezeichnet.
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