Im Dezember 1844 veröffentlichte Charles Dickens "Die Glocken" – da war er als Schriftsteller schon weltberühmt und den finanziell prekären Verhältnissen seiner Kindheit und Jugend längst enthoben. Dessen ungeachtet ist auch diese Geschichte eine Anklage gegen die unmenschliche Armut grosser Teile der englischen Bevölkerung im 19. Jahrhundert. Gleichzeitig ist sie aber – wie meist bei Dickens – ein ebenso märchenhaftes wie mutmachendes Glücksversprechen. Der Hungerleider Toby Veck, der zu glauben beginnt, dass alle armen Leute ihr Schicksal selbst verschuldet haben, wird in der Silvesternacht durch die Geister der Kirchenglocken in die Zukunft entführt und sieht Dinge, die kommen oder kommen könnten. Doch zum Glück ist noch nichts davon ins Buch des Lebens geschrieben. Toby Veck hat noch genug Zeit, um sein Leben und vor allem das seiner Tochter Meg in anderem Licht zu betrachten und zu ändern.Nicht wenige werden sich bei "Die Glocken" an Dickens´ "Eine Weihnachtsgeschichte" erinnert fühlen. Doch ist die Silvestergeschichte nahezu in Vergessenheit geraten. Zu unrecht.
Das Hörspiel um den gleichermassen aufrichtigen und trotteligen Toby Veck (einprägsam verkörpert durch Erwin Parker) lebt vom grossen Darsteller-Aufgebot der älteren Produktionen und atmet die Atmosphäre der Londoner Gesellschaft im 19. Jahrhundert. "Die Glocken" sind ein weiterer, unsterblicher Appell des grossen Dickens an die Menschlichkeit.
Charles Dickens (1812 ? 1870) gilt als bedeutendster Schriftsteller des viktorianischen Zeitalters. Selbst aus ärmlichsten Verhältnissen stammend, verband er in seinen Romanen ("Oliver Twist", "Grosse Erwartungen", "David Copperfield" u. v. a.) moralisches Aufbegehren, detailgetreue (Armuts)schilderungen der englischen Bevölkerung und liebevollen Humor zu einer unverwechselbaren Atmosphäre.
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