zur anderen. Darin ein Petersburger Intellektueller: Gepeinigt von Herzanfällen und Todesangst, liest er den "Werther" – im Original. Aber in die Lektüre drängt sich die Geschäftigkeit der Militärärzte, Apotheker, Krankenschwestern um ihn herum. Bei einem längeren Aufenthalt trifft er auf ein Mädchen, anders als alle anderen: Vera Muschnikowa, ruhelos und romantisch, grazil, ungestüm und jederzeit zur Liebe bereit. Der Feingeist erliegt ihrem vulgären Zauber, erkennt in ihr seine "sowjetische Manon" und erahnt damit bereits den dunklen Weg, den ihre Liebe nehmen wird. "Die Manon Lescaut von Turdej" ist Petrows einziges belletristisches Werk. Der aus dem Krieg heimgekehrte 34-Jährige verfasste die Novelle zwar 1946 – veröffentlichte sie aber nie, stattdessen las er Freunden und Bekannten daraus vor. Sie erschien erst 60 Jahre später, im November 2006, in einer Moskauer Zeitschrift und sorgte für Furore.
Wsewolod Petrow (1912–1978) geboren in Sankt Petersburg als Spross einer alten Adelsfamilie, arbeitete dort als Kunsthistoriker am Russischen Museum, war Offizier im Zweiten Weltkrieg, wurde 1949 als enger Mitarbeiter des Kunsthistorikers Nikolai Punin im Zuge einer stalinistischen Kampagne entlassen und verfasste fortan Standardwerke zur russischen Kunst. Bis zu seinem Tod war er ein Zentralgestirn der Leningrader Intellektuellenszene.
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