Da Leben des deutschen Tonsetzers Adrian Leverkühn erzählt von einem Freunde
´Soll Faustus der Repräsentant der deutschen Seele sein, so müßte er musikalisch sein.´ - Am 17. Oktober 1947 erschien in Stockholm Thomas Manns Roman ´Doktor Faustus´, der Deutschlands Weg in die ´Anti-Humanität´, in die Barbarei des Faschismus zum Thema hat. Gut fünf Jahre zuvor, am 27. April 1943, kündigte Thomas Mann im amerikanischen Exil seinem Sohn Klaus das neue Romanprojekt über eine syphilitische Komponistenfigur an: ´Ich verfolge einen sehr alten Plan: eine Künstler- (Musiker-) und moderne Teufelsverschreibungsgeschichte aus der Schicksalsgegend Maupassant, Nietzsche, Hugo Wolf etc., kurzum das Thema der schlimmsten Inspiration und Genialisierung, die mit dem Vom Teufel geholt werden , d.h. mit der Paralyse endet. Es ist aber die Idee des Rausches überhaupt und der Anti-Vernunft damit verquickt, dadurch auch das Politische, Faschistische und damit das traurige Schicksal Deutschlands. Das Ganze ist sehr altdeutsch-lutheranisch getönt (der Held war ursprünglich Theologe), spielt aber in dem Deutschland von gestern und heute.´
Der Altphilologe Serenus Zeitblom, eine ´gesunde, human temperierte, auf das Harmonische und Vernünftige gerichtete Natur´, schreibt die Biographie seines Freundes, des Komponisten Adrian Leverkühn, zwischen 1943 und dem Ende des Krieges 1945. Die Schilderung des Untergangs Deutschlands aus der Perspektive des ´inneren Emigranten´ verläuft parallel zur Lebens- und Leidensgeschichte Leverkühns. 1885 geboren, wendet er sich in seiner Suche nach dem Genialischen und Absoluten zuerst der evangelischen Theologie zu, um sich dann ganz der Musik als ´deutschester aller Künste´ zu widmen. Im München der Kaiserzeit, des Ersten Weltkrieges und schließlich der 1920er Jahre durchbricht er die Sackgasse der spätromantischen, an Richard Wagner orientierten Komposition mit der Erfindung der Zwölftonmusik. Der Preis für den ´Durchbruch zum Neuen´ ist eine bewusst aufgesuchte Syphilis, die 1930 zu geistiger Umnachtung führt und 1940 mit dem Tode endet.
Thomas Manns Diktum, es gebe nicht zwei Deutschland, ein böses und ein gutes, sondern nur eines, ´dem sein Bestes durch Teufelslist zum Bösen ausschlug´, wird so im ´Faustus´ durchgespielt. Der Roman gilt gemeinhin als sein schwierigstes und komplexestes Werk: Mann montiert hier in die Gesellschaftsszenen und Monologe, u. v. a. theologische Diskurse, Schönbergs Kompositionslehre, Adornos Musiktheorie, Nietzsches Philosophie und Leben sowie konservativ-revolutionäre Ideologeme des frühen 20. Jahrhunderts. Bei genauerer Lektüre jedoch verlangt gerade sein vielfältiges Stimmenspiel sowie sein Hauptthema, die Musik, nach einer akustischen Umsetzung.
hoerspielTIPPs.net:«Leonard Koppelmann ist die erste Wahl, wenn es darum geht literarische Klassiker in eine angemessene Hörspielfassung umzusetzen. Bei vielen Projekten hat er sein Können schon bewiesen. Daher war es ein fast logische Entscheidung, ihn auch mit der Aufgabe der Umsetzung des ´Doktor Faustus´ zu betrauen.
Das letzte große und wohl auch schwierigste Werk Thomas Manns stellt eine besondere Herausforderung dar, die Koppelmann gemeistert hat. Er macht daraus nicht einfach ein Hörspiel, er schafft ein dem Inhalt angemessenes, eigenständiges Produkt, das nicht den Anspruch hat, ein Mittel zu sein, die Vorlage verständlicher zu machen.
Sowohl der etwas ungefällige Inhalt als auch Umfang schränkt den Bereich der Hörer sicherlich etwas ein, dennoch kann ich jedem, der auch vor schwierigen Stoffen nicht zurückschreckt, diese Produktion empfehlen.
Auch der Umfang der Sprecherliste passt sich diesem monumentalen Werk an. Fast vierzig Schauspielern gaben sich hier die Klinke der Studiotür in die Hand und ein Blick die Besetzungsliste verrät, dass man auch hier nichts dem Zufall überlassen wollte. Von der größten bis zur kleinsten Rolle hat man hier großartige Sprecher engagiert.
Das Hauptaugenmerk liegt natürlich auf den beiden Hauptrollen, die von Hans Zischler und Werner Wölbern exzellent interpretiert werden. Beide zeigen hier, dass ihre Wahl durchaus die richtige war und überzeugen mit einer nahezu perfekten Leistung. Aber auch der restliche Cast steht dem kaum nach.
Auch die musikalische Ausgestaltung ist sehr gelungen. Hermann Kretzschmar hat hier wirklich erstklassige Arbeiten vorgelegt, die die jeweilige Stimmung perfekt unterstützen und für ein ganz besonderes Flair dieser Produktion sorgen.
Die Produktion ist in einer 10-CD-Fassung bei Hörverlag erschienen. Die hochwertige Ausgabe wartet mit einem 63seitigen Booklet auf, das viele Informationen zu Autor, Werk, Mitwirkenden und der Produktion an sich bereit hält.
Leonard Koppelmann hat hier seiner Karriere einen weiteren Meilenstein hinzugefügt. Hätte mich der Inhalt nur annähernd so begeistern können, wie die Umsetzung, wäre hier die Höchstwertung möglich gewesen.»
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