Ein Freitag bei Scotland Yard. Telefonisch hat der angesehene Rabbiner Mr. Freitag einen Kriminalbeamten des Morddezernats zu sich gebeten. Voraussetzung: er soll jüdischen Glaubens sein. Mr. Goldberg, der einzige Beamte des Yards dieser Konfession, sieht sich mit einer Vorgeschichte konfrontiert, die alles bisher Gehörte übersteigt, aber dann doch kaum Zweifel an der Wahrscheinlichkeit des Berichts gestattet: Der Täter, Rabbiner Freitag, heißt in Wirklichkeit Heinrich Krawetz, und er war für knapp ein Jahr Kommandant des Konzentrationslagers Belzec. Der jetzt ermordete Lichner, ein ehemaliger SS-Unterscharführer und Untergebener Freitags, hatte ihn erkannt und wollte ihn erpressen. Ein klarer Fall? Keineswegs! Die Begegnung mit seinem ehemaligen Untergebenen hat die verschüttete Erinnerung wieder freigelegt: Krawetz liebte ein jüdisches Mädchen. Als die Vernichtung der Juden, der Holocaust, in seine entscheidende Phase trat, suchte er sie in jeder erdenklichen Form zu schützen.
Als Hanna ins KZ eingeliefert wurde, meldete er sich zur SS und wurde sogar KZ-Kommandant, einzig zu dem Zweck, ihr Leben zu retten. Während einer schweren Erkrankung Freitags kommt Hanna durch das Eingreifen eben jenes Unterscharführers sofort in die Gaskammer. Krawetz´ Krankheit verschlimmert "sich, er wechselt Identität und die Konfession und" lebt bis zum Kriegsende als KZ-Häftling namensFreitag. Sein Vorleben ist ihm nicht mehr zugänglich - bis zu jenem Tag, an dem Lichner auftrat.Jetzt, im wahrsten Sinne zu sich gekommen, verlangt er für sich die Strafe, die einzig seiner Mitschuld an tausendfältigem Mord entspricht.
Benjamin Kuras, 1944 in der Tschechoslowakei geboren. Studium der Literaturwissenschaft, Arbeit für Radio Prag - 1968 Emigration nach England, dort Nachrichtenredakteur der BBC, Leiter einer Theatergruppe, dann in der CSFR Investitionsberater englischer Firmen. Schrieb in den letzten Jahren meist Bücher und Essays.
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